Die Leiden des (jungen) Spielleiters: Abenteuervorbereitung und undankbare Spieler

Ich hatte letztens eine Rollenspielrunde DSA bei einem neuen Meister und es war soweit okay. Bei meiner Gruppe ist es üblich, dass wir am Ende Feedback geben, weil wir wissen, wie schwierig das meistern ist und wir diese Aufgabe ein Stück weit als Gesamtleistung der Gruppe verstehen. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass der ältere Vielspieler 30 Jahre DSA geleitet hat und daher recht fest von der Qualität seiner Abenteuer überzeugt war, aber er reagierte ziemlich empört auf unsere Kritik. Das Lob für das gute Charakterspiel und die vielen, liebevollen Details nahm er gern an, aber als wir versuchten Verbesserungsvorschläge für sein Gameplay, also die tatsächlichen Spielmechanismen, zu bringen, wurde er böse. Wir hätten ja keine Ahnung, wie viel Zeit er in ein Abenteuer investiert und was das für große Mühen macht. Allgemein seien Spieler undankbar, lassen sich gerne vom Meister bedienen, aber schätzen kaum all die Anstrengungen, die hinter einem Abenteuer stehen. Dann begann er aufzuzählen, was für ein vielbeschäftigter Mensch er ist und das wir uns glücklich schätzen können, dass er sich für uns extra die Zeit nimmt. Denn er investiere bis zu 2 Stunden für die Vorbereitung für eine Sitzung pro Woche. Wenn mir mit ihm weiterspielen wollten, dann sollten wir ihm mehr Demut gegenüber zeigen. Das hat bei uns in der Gruppe für reichlich Diskussionen gesorgt, die ich euch gern zusammenfassen will.

 

Wie undankbar sind wir als Spieler?

Grundlegend kann ich sein Argument verstehen. Oftmals ist man als Spieler bloßer Konsument. Man geht in eine Gruppe, packt seine Würfel aus und spielt. Die Spielleitung hat da deutlich mehr Aufwand in der Vorbereitung und Durchführung. Deswegen finde ich es absolut angebracht und richtig, dass man ihr mindestens Respekt zollt. Ich kenne sogar Gruppen, die laden die Spielleitung hinterher oder währenddessen auf eine Pizza oder zum Döner ein. Diese Form der Anerkennung halte ich für löblich. Aber ich würde dem Argument des bloßen Konsumierens auch einiges entgegenhalten. Ich weiß nicht, wie das bei euch ist, aber die Spieler in meiner Gruppe arbeiten sehr stark an der Kampagne und den Abenteuern mit. Sie schreiben IT-Nachrichten (also Charakterspiel über E-Mail), um bestimmte Dinge und Situationen vorzubereiten, helfen mir beim Zeichnen von Karten oder beim Erstellen von Ausrüstungslisten, sie bringen Snacks und Getränke mit und sind im Abenteuer selbst natürlich unersetzlich. Ich plane auch extra Inhalte für bestimmte Spieler, weil ich weiß, dass diese dadurch das Abenteuer mit schönen Szenen bereichern werden.
Ich halte Spieler für keinesfalls als passive Konsumenten. Das mag zwar abhängig von der Gruppe sein, aber grundsätzlich ist das Potenzial der gegenseitigen Gestaltung und Hilfe immer gegeben. Wir tauschen nicht nur immer mal die Spielleitung, um mal auf die Kampagne einen anderen Blickwinkel, neue Ereignisse oder den Einblick in ein neues System zu erhalten, sondern teilweise schreiben wir für den anderen auch Szenen, wenn der mal keine Zeit hat. Letztens hatten wir ein Abenteuer, in dem es einen Verräter gab. Ich habe mich mit demjenigen zusammengesetzt und gesprochen, was passieren wird. Das hat mir viel Arbeit abgenommen, weil er dann während des Abenteuers immer per Zettel oder Rausgehen erklärt hat, was nun als nächstes passieren wird.
Wie gesagt, bei einer etablierten Gruppe würde ich dieses Potenzial doch immer ausschöpfen wollen. In dem Fall oben war er nun aber Meister einer neuen Gruppe. Es tut mir leid, dass er uns als undankbar wahrgenommen hat. Trotzdem bin ich der Meinung, dass man das als neue Spielleitung ab haben sollte. Ich zumindest leite nicht, damit ich mit Lob überhäuft werde, sondern weil ich meine Ideen, meine Geschichte erzählen und sehen will, wie die Spieler darauf reagieren. Demzufolge erwarte ich auch nichts von den Spielern, außer, dass sie sich am Tisch benehmen und ihren Charakter spielen. Gerade bei einer neuen Gruppe sollte man eh erstmal ausloten, was funktioniert, was die Spieler wollen und wie man sie abholt. Alles andere entwickelt sich, meiner Erfahrung nach, danach.
Klar, man kann immer Arschlöcher in der Gruppe haben, die ständig um kleinste Vorteile diskutieren, alles kommentieren müssen, nur über sich selbst lachen wollen oder einfach Stress machen. Aber die stellen nicht den gewöhnlichen Spieler dar und mit allen anderen kann man, wenn man solch eine Störung oder solch ein Missverhältnis wahrnimmt, reden. Aus meiner Warte unterstützt eine gute, zusammen gewachsene Gruppe sogar den Vorbereitungsprozess. Ich würde daher also klar sagen: nein, Spieler sind nicht per natura undankbar, man muss aber auch das vorhandene Potenzial zur gemeinsamen Gestaltung mobilisieren.

 

Wie lange bereitet ihr euch vor?

Kommen wir nun zur Vorbereitungszeit. Das war etwas, was mich doch sehr überrascht hat. Normalerweise spiele ich aller 3-4 Wochen und habe dabei, je nach Art des Abenteuers, einen Zeitaufwand von 6-9 Tagen. Ich hatte auch mal wöchentlich geleitet, aber selbst da war mein Zeitaufwand mindestens 18 Stunden. Wobei man sagen muss, dass ich gewöhnlich 8 Stunden Abenteuer leite und der andere Meister vorhatte, nur 90-120 Minuten pro Woche zu leiten. Nichtsdestotrotz finde ich es daher beeindruckend, wie man mit nur 2 Stunden Aufwand ein komplettes Abenteuer fertig bekommt. Aber ich bin auch jemand, der nicht gut improvisieren kann. Ich muss mir wirklich alles akribisch vorbereiten. Von daher würde ich mit Kusshand tauschen, wenn ich lediglich 2 Stunden für die Vorbereitung bräuchte. Ich will dabei nochmal betonen, er hat das schon solide gemacht, aber eben nicht überragend.
Unabhängig davon ist es uns natürlich selbst überlassen, wie viel Zeit wir in unser Hobby und damit in ein Abenteuer investieren wollen und können. Ich hatte bei ihm aber rausgehört, dass meine Gruppe durch ihr Feedback ihn zwingen würde, sich mehr Zeit für seine Vorbereitung zu nehmen. Der Gedanke, dass ein gewisser Grad an Unzufriedenheit automatisch dazu führt, dass sich Druck auf den Meister aufbaut, verstimmt mich, ehrlich gesagt. Ich denke, eine Spielleitung bekommt sehr schnell mit, ob sie ihren Aufgaben gewachsen ist oder nicht. Wenn nicht und da sehe ich wiederum die Gruppe in der Pflicht, muss diese das kommunizieren und sollte diese Person, durch zum Beispiel Feedbacks, durch eine gemeinsame Abenteuerplanung, durch ein sehr plotfreundliches Spiel etc, unterstützen.
Ich habe Rollenspiel immer als kollektives Spielerlebnis wahrgenommen. Vielleicht herrscht unter den älteren Semestern da noch eine einsamer Wolf Mentalität vor. Das weiß ich nicht. Aber ein Hobby soll Spaß machen und niemand sollte sich dabei unter Druck gesetzt fühlen.  Dann ist es vielleicht die Gruppe oder die Position als Spielleitung, die in dem Kontext nicht passt.
Aber in diesem Zuge würde mich mal interessieren, wie ihr ein Abenteuer vorbereitet. Plant ihr eher oder setzt ihr mehr auf Improvisation? Oder macht ihr es vielleicht ganz anders?
Am Ende kann man vielleicht festhalten, dass die Vorbereitung und die Organisation eines Treffens zu den zeitintensivsten und manchmal auch anstrengendsten Pflichten einer Spielleitung gehören. Darin aber einen Gegenwert zu verlangen, halte ich für falsch. Er sollte, in Form von mindestens Achtung, von selbst von den Spielern entgegen gebracht werden. Wenn das nicht passiert, stimmt irgendwas mit der Gruppe oder der eigenen Leistung nicht. Aber auch wenn es Enttäuschungen gibt, die die Spielleitung sich fragen lassen, warum sie sich das antut, will ich Hoffnung geben. Der Großteil der Spieler, die mir begegnet sind, will einen und die eigene Arbeit nicht kränken. Sie wollen vor allem spielen, lachen und die Gesellschaft genießen. Deswegen nehmen sie sich die Zeit und deshalb sind viele von ihnen auch bereit, mehr zu machen, als einfach nur am Tisch zu sitzen. Wenn es euch zu viel wird, kann ich nur empfehlen, kommuniziert das und schaut, ob ihr die Lasten verteilen könnt. Denn Rollenspiel wird immer eine Leistung der gesamten Gruppe sein.
 

19 Gedanken zu „Die Leiden des (jungen) Spielleiters: Abenteuervorbereitung und undankbare Spieler

    1. Ariatros Artikelautor

      Wie meinst du das genau? Verstehe ich es richtig, dass du sagen willst, wenn eine Spielleitung von ihren Spielern verlangt, sich zurück zu nehmen, weil sie eventuell ihren Ansprüchen nicht gerecht wird, dann hat der Diskurs mit ihr keinen Sinn mehr?

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  1. Andreas (RPGnosis)

    Was du verlangst, ist eine der schwierigeren Facetten sozialer Kompetenz, dieses Kritik-annehmen-können. Das ist beileibe nicht jedem gegeben, unabhängig vom Rollenspiel als solchem. Insbesondere hier kann ich mir vorstellen, dass es für viele noch schwieriger ist, da sie eigenes Engagement und Herzblut reinhängen und deswegen Kritik auch viel schneller als persönlich wahrgenommen wird.

    Vorbereitungszeit ist bei mir sehr unterschiedlich. Früher haben wir ganze Shadowruns quasi ohne Vorbereitung direkt am Tisch aus Zufallselementen improvisiert. Für „tiefgängigere“ Sachen wir längere DSA-Kampagnen oder mein eigenes System würde ich als Faustregel sagen: „Spielzeit = Vorbereitungszeit“; heißt, für einen 6-Stunden-Spielabend bereite ich grob 6 Stunden vor. Dann ist allerdings noch keine ausgesuchte Szenenmusik dabei, was ich mir inzwischen meist auch nur noch über online-Hilfen wie tabletopaudio (ambient-mixer muss noch getestet werden) am Tisch improvisiere.

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    1. Ariatros Artikelautor

      Danke für deinen Kommentar. Gut, dass du diesen Punkt ansprichst. Klar steht die Person natürlich erstmal im Vordergrundund und jede Gruppe hat wohl auch ihre eigenen, internen Regeln, um Konflikte beizulegen. Vielleicht bin ich da auch ein wenig verwöhnt, von meiner langjährigen Gruppe, die neue Spieler gezielt auf unsere Erwartungen erzieht. Da projeziert man schnell eigene Standards auf andere Runden, verkehrt finde ich das Grunde nicht. Gerade die ersten Runden sind eine Form der Aushandlung. Es macht schließlich wenig Sinn, für Leitung und Spieler, wenn Erwartung und Realität im Spiel nicht zusammen finden können. Klar, Leiten ist immer mit Mühe verbunden und Kritik tut da doppelt weh. Aber der Vorwurf von ihm war kein ausschließlich persönlicher, sondern ein systematischer: dass Spieler an sich undankbar sind und die Gruppe, einfach schon durch Wunschäußerungen, die Spielleitung unter realen Druck setzt. Das halte ich für falsch im zweifachen Sinne. Erstmal ist es so allgemein, dass es bestimmmt nicht zutrifft und zweitens, falls es doch eintreten sollte, dass dann selbstverständliche Sozialmechanismen, wie das Miteinandersprechen, nicht gut funktionieren. Doch vielleicht kann man das nochmal unterstreichen: Meister zu sein ist eine anstrengende Aufgabe und man kann sich noch so sehr bemühen, landet man bei den falschen Spielern (und damit meine einfach schon bei Spielern, die sich was anderes erhoffen, als man bietet, unabhängig der Qualität), bekommt man zum Dank auch noch Arschtritte. Meine ersten Runden waren Katastrophen und ich hatte auch eine lange Zeit an mir gezweifelt, ob ich überhaupt leiten kann. Man braucht und das ist vielleicht der Punkt ein dickes Fell als Spielleitung. Kaum hatte ich damals die Gruppe gewechselt, lief danach alles wunderbar. Wenn das passiert, dass man plötzlich seine Geschichten erzählen kann und sie finden Anklang, dann wird man auf eine eigene, schöpferische Weise belohnt, die ich so nur vom Rollenspiel kenne. Dafür lohnt es sich, meiner Meinung nach, Meister zu sein.

      Spielt ihr auch wöchentlich? Findest du 6 Stunden für ein Abenteuer schwierig im realen Leben unterzukriegen? Fühlst du dich dadurch auch von deiner Gruppe unter Druck gesetzt?
      Ich persönlich liebe übrigens auch Musik beim Rollenspiel. Ich habe das große Glück, einen Musiker mit Band meiner Gruppe zu haben. Die komponieren dann teilweise für das Abenteuer eigene Soundtracks. ich finde, nichts kann Emotionen besser transportieren, als Musik. Teilweise entstehen Abenteuer bei mir direkt aus der Playlist, die ich mir zuvor angehört habe 😀

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      1. Andreas (RPGnosis)

        Dass seine Reaktion überzogen war, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren – das illustriert eher, wie wenig er mit dieser Kritik anfangen konnte, dass er sofort in eine solche aggressive Defensive gehen musste. Generell ist das aber auch ein Punkt, den man mAn im Voraus klären sollte in neuen Gruppen/mit neuen Spielern: wird überhaupt kritisiert, und wenn ja, wie? Soll ja auch Gruppen geben, die ewig unter einem lausigen Spielleiter spielen, nur weil der eben der einzige ist, der den Job machen will.

        Nein, derzeit kommen wir leider alles andere als wöchentlich zum Spielen, eher monatlich – liegt daran, dass die Spieler inzwischen ziemlich weit weg voneinander wohnen, so dass sich Termine kürzer als ein Wochenende schlicht nicht mehr ergeben. Da sind dann aber dafür auch 6-8-Stunden-Sesstions möglich.
        Was auf der anderen Seite mir mit meinem System auch entgegenkommt, da ich dort parallel zu den Abenteuern auch noch am Hintergrund-Entwickeln bin und sich so die aufgestellte Faustregel mitunter auch zu „Vorbereitungszeit = 2x Spielzeit“ ausdehnen kann.

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        1. Ariatros Artikelautor

          Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob die Reaktion tatsächlich überzogen war. Ich meine, ich kann in sein Leben nicht reingucken. Wenn er sich 2 Stunden Zeit erkämpfen muss, um sie in einem Martyrium für die Rollenspielvorbereitung zu opfern, dann verstehe ich, warum sie für ihn so wertvoll ist. Mir bleibt ja erstmal nichts anderes, als ihn ernst zu nehmen. Nur kann ich seine Wahrnehmung von Zeitlichkeit nicht nachempfinden, sein Argument hingegen kann ich nachvollziehen. Ich denke kein Meister will, dass seine Gruppe unzufrieden ist und muss daher auf ihre Wünsche und Bedürfnisse eingehen. Das geschieht natürlich in einem Rahmen, was für diejeweilige Person umsetzbar ist, aber dennoch übt die Gruppe damit Macht aus. Diese Form von Mehrbelastung war mir vorher noch nicht wirklich bewusst gewesen, weil ich das Leitung-Spieler-Verhältnis gar nicht als konträr, sondern als symbiotisch gesehen habe.
          Gut, einer lausigen Spielleitung ist das natürlich egal.
          Es ist ganz witzig, dass du das ansprichst. Ich hatte meine ersten 2 Jahre DSA unter einer lausigen Spielleitung verbracht. Da kam es tatsächlich zu diesem Toleranzverhalten. Jeder Spieler hatte Angst vor dem Leiten, vor der Verantwortung und weil sich keiner getraut hatte, hatten wir alle schweigend jemanden das Feld überlassen, der… na ja, sagen wir den Spielaspekt sehr stark mit gewissen (sexuellen) Bedürfnissen durchmischt hatte. Das ist um so obskurer, weil ich mir heute denke, wie konnten wir das alle 2 Jahre lang ertragen? Der Wandel kam dann erst, als die Spieleitung für ein Jahr weg war und jemand notwendig einspringen musste. Erst dann haben wir eigentlich, zu Beginn noch sehr amateuhaft aber dann steigend besser, normales Rollenspiel erfahren. Es ist wirklich faszinierend, wie wichtig die Spielleitung ist und in welchen sozialen, kommunkativen, organisatorischen und spielerischen Prozessen sie im Zentrum steht.

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  2. Kadomi

    Die von Dir beschriebenen Mitspieler, die sich stark in die Kampagne einbringen, sind glaube ich nicht der Regelfall. Zumindest erlebe ich das jetzt zum Allerersten Mal mit einer Online-Runde, in der Leute zwischen den Sessions IC-Tagebucheinträge und ähnliches schreiben. In den meisten Runden, die ich bisher geleitet habe, ist es schwierig, aus der passiven Konsumierung eines Rollenspielabends etwas aktives zu machen.

    Ich zumindest würde mir so aktives Feedback wie ihr es gegeben habt wünschen, aber ich weiß von mir auch, dass ich kritikfähig bin. 😉

    Vorbereitungszeit hängt vom System ab. So klassisches Zeug wie Pathfinder/DnD ist für mich sehr zeitintensiv, weil ich da immer alles ins Detail vorbereite. Pro Session stecke ich da auch schon mal 6-8 Stunden rein. In meiner Numenera-Kampagne sieht das ganz anders aus, da improvisier ich den Großteil. Zwischendurch skizziere ich so den großen Rahmen der Kampagne, aber die Einzelsessions sind sehr improvisiert.

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    1. Ariatros Artikelautor

      Auch erst mal dir danke für deinen Kommentar.
      Du hast natürlich recht. Solche Mitspieler muss man sich ranziehen. Wenn man noch fremd in einer Gruppe ist, sind die meisten Leuten passiv. Das erinnert mich an ein Gespräch mit einer anderen, langjährigen Gruppe. Der Meister dort meinte, Rollenspiel ist ein Handwerk, wie jedes andere auch. Man bräuchte nur genug Erfahrung und dann wird alles schon besser. Das war auch der Grund, warum die Gruppe keine Neulinge des Hobbys bei sich aufnahm. Nur erfahrene Spieler waren es wert, dort spielen zu dürfen.
      Ich äußere mich ja schon immer am Rande, dass ich diesen Elitismus falsch und für das gesamte Hobby als schädlich empfinde. Aber ich will hier nochmal aus meiner Vita betonen: Nein, Erfahrung bedeutet kaum etwas im Rollenspiel! Meiner Meinung nach dreht sich alles um Leidenschaft und das soziale Miteinander. Ich persönlich hasse es, einen Regelfuchser in der Gruppe zu haben, der mich alle drei Sätze aus seiner Erfahrung berichtigt und schon eine total steife Spielerwartung hat. Viel lieber spiele ich mit 3 Jungspielern, die ich aber für das Spiel und die Welt begeistern kann. Ich bin der Überzeugung, dass man diese Leidenschaft treffen oder erst entzünden muss, damit die Spieler ihre Passivität ablegen oder man sie zumindest zu Aktivität motivieren kann.
      Wenn das einmal passt, geht man auch ganz anders in der Gruppe miteinander um. Gerade sowas wie Feedback ist deutlich leichter zu verkraften, wenn man den Gegenüber kennt und weiß, dass er einem wirklich mit der Kritik helfen will. Vielleicht sollte ich das noch dazu schreiben. Dem Meister in dem Artikel hatten wir gefragt, ob er Feedback von uns möchte und er hat zugestimmt. Das ist nicht immer der Fall. Manchmal lehnen Spielleitungen auch bewusst Feedback ab, aber dann wird die Konsensfindung für ein Spiel, das sowohl Meister als auch Spieler gefällt, eben deutlich schwieriger. Spätestens nach der 2. Runde merkt man das auch einfach an der Spielatmosphäre.
      Kannst du das echt alles improvisieren? Das finde ich immer beeindruckend, weil ich sowas gar nicht kann ^^“
      Hast du bei den Klassikern da auch 6-8 Stunden Vorbereitungszeit pro Woche? Weil das wäre ja doch etwas, was man in der täglichen Planung merkt, oder? Und was mich auch interessieren würde, nimmst du dir die Zeit, weil die Gruppe ansonsten unzufrieden wäre oder weil du deinen eigenen Anspruch genüge tun willst?

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      1. Kadomi

        Also, alles improvisieren kann ich auch nicht. Ich habe so grob die Richtung im Kopf, und vielleicht ein paar Encounter gebaut, aber das ist nur wenig zeit-intensiv im Vergleich zu D&D/Pathfinder. Die Zeit nehme ich mir in der Regel für meinen eigenen, hohen Anspruch. Meine Spieler sind sich des Zeitaufwands normalerweise nicht bewusst und wären sicherlich auch anderweitig zufrieden.

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  3. Schreckse

    Moin,

    also ich selber investiere kaum mehr als eine halbe Stunde für eine Vorbereitung eines Abends.

    1) Ich suche mir zwei RPG Plots aus der Liste raus: https://m0ru.github.io/big_list_of_rpg_plots/ Der erste ist die Hülle und der zweite der wahre Kern des Abenteuers.

    2) Such dir n‘ paar geile Karten über Google oder Pinterest oder sonst wo. In die packt man dann die Story von oben rein.

    3) Namen und Antagonisten (plural wichtig). Ich mache mir n halbes Dutzend NSC’s, die nur grob mit FATE Flaggen versehen sind. Dann werden die NSC’s den Helden vorgestellt. Die NSC’s, die die Spieler mögen werden weiter ausgebaut, der Rest fliegt. NSC’s kriegen erst am zweiten Abend ein Gesicht (jap, Google 🙂 )

    4) Marsch, marsch den Spielern hinterher. Wenn man genug Karten in der Hand hat, kann man auch mal eben die Höhle links oder rechts beschreiben und ausspielen.

    5) Knallharte Vorgaben was gespielt werden kann: „Ich habe heute X, Y, und Z vorbereitet. Punkt.“ Wenn was anderes dann gerne das nächste Mal.

    6) Ich selber würfle nicht mehr bzw. nutze das Apokalypse World System mit 2W6 um ein wenig hinter dem Spielleiterschirm zu würfeln.

    Wenn man selber 40+ Wochenstunden arbeitet, dann möchte man nicht noch mehr „arbeiten“ um ein Rollenspiel vorzubereiten. Für mich ist eben Vorbereiten eine Arbeit für andere. Der Spielspaß ist ja am Tisch. Und ich arbeite nicht gerne länger als 42 Stunden die Woche. Insbesondere da meine Arbeit auch viel Organisation beinhaltet.

    http://www.gnomestew.com habe ich viel gelesen. Ich finde das ein Abenteuer auf ein A3 Blatt passen muss plus Karten.

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    1. Ariatros Artikelautor

      Danke für deinen Kommentar. Ich weiß nicht, wie das bei den anderen Kommentatoren war, aber du sagst ja direkt, du hast eine 40 Stunden Woche und leitest trotzdem noch wöchentlich. Dafür erst einmal Respekt von mir. Wie lange spielt ihr so im Durchschnitt?
      Was ich ganz interessant finde, ist deine Einstellung zum Abenteuer selbst. Du hast das vorbereitet, das wird gespielt und da gibt es nichts zu diskutieren. Wenn ich das richtig verstehe, hast du dann als Spielleitung die Hosen an und lässt dich nicht von deinen Spielern, was das Leiten betrifft, unter Druck setzen? Ich kann das auch sehr gut nachvollziehen. Du arbeitest die ganze Woche und wir betreiben ja unser Hobby, damit wir uns entspannen und Spaß haben können.
      Danke auch für die Links, diese Methode kannte ich bisher noch gar nicht und ich finde es immer interessant, was Neues neues kennenzulernen =)

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      1. Schreckse

        Och, wenn du Links brauchst 😉

        http://thorstie.fornax.uberspace.de/die-einzigen-zwei-dinge-die-es-fur-eine-grossartige-spielleiterin-braucht-storybrewers/

        Das finde ich trifft es ganz gut. Also so zu 80% aus meiner Sicht. Noch besser trifft es Weltengeist hier: https://www.tanelorn.net/index.php?topic=102366.0 Du musst dich anmelden um das sehr gute PDF lesen zu können. Weltengeist, den ich persönlich nicht kenne, und ich haben da eine große Schnittmenge.

        http://johnwickpresents.com/rants/no-dice/ ist auch gut, aber eben ein Rant…

        ——————-

        Ich leite nicht (mehr) wöchentlich. Das hat sich so langsam im Jahr 2017 erledigt. Ich komme da nicht mehr hinter her und meine Spieler auch nicht. Wir spielen lieber einmal am Samstag länger und dafür seltener. Mit ansteigender Kinderzahl wird das aber immer schwerer lang zu spielen… Aber auch monatlich verlangt Vorbereitungszeit, die man effizient nutzen sollte.

        Wir spielen viel Sandbox. Oder aber Sandbox mit Burgen. Das heist ich bereite etwas vor und/oder Frage die Spieler was die Spieler spielen wollen. Und dann wird das an dem nächsten Termin gespielt. Meist ist es nicht nur X sondern auch Y und Z, aber sonst kriegt man das alles nicht unter einen Hut.

        Und ich glaube du missverstehst „Abenteuer“ bei mir. Es gibt ja eigentlich gar keins. Es gibt nur Orte, NSC’s und Probleme/Konflikte. Und in dem Rahmen spielen wir. Die Orte gebe ich vor bzw. die NSC’s werden vorgegeben.

        Beispiel:
        „In Auertal lebt ein Ogerfürst und die Helden machen sich auf den Weg den Oger zu erschlagen (Mantel). In Wirklichkeit wird der Ogerfürst von (Platzhalter)-NSC kontrolliert, der die Helden begrüßt/treffen/retten.“

        Das wäre mein Abenteuer. Karten von ner Burg gesucht, dann noch n Dorf und ein paar Bilder von einem Ogerfürst.

        Gesetzt wäre jetzt, dass die Spieler zum Ogerfürsten reisen und dort interagieren. Der Rest ist mir egal. Was nicht geht, ist auf dem Weg zu sagen: „Och, wir reisen dann doch mal nach Ruppelhausen und schauen was der König so macht…“ Das haben wir so nicht abgemacht, da wir als Gruppe zusammen ein Abenteuer erleben wollen und da muss ich eben Vorgaben machen.

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  4. T.L. Donnerhaus

    Wir spielen wöchentlich einmal etwa 8-11 Stunden, wofür ich zur Vorbereitung an Planung und Recherche im Schnitt so um die 2 Stunden benötige. Dazu muss aber gesagt sein das wir die letzten Jahre vorwiegend in historischen Settings spielten, wo ein gewisser Rechercheaufwand schlicht unvermeidbar ist und das wir vor allem extrem langlebige Kampagnen spielen. Kurzkampagnen oder einfache Abenteuer bekomme ich üblicherweise so mit etwa 2-4 Stunden Vorbereitung insgesamt hin und hab danach nicht mehr viel zu tun.

    Das ihr eurem Spielleiter Feedback gebt finde ich super. Das ist etwas das wir auch seit vielen Jahren machen und es hilft enorm dabei die gegenseitigen Erwartungen abzugleichen, Probleme zu vermeiden und Fehler auszubügeln. Außerdem ist es natürlich eine erfreuliche Würdigung. Zusätzlich führt bei uns uns immer jemand ein Protokoll, was es allen Beteiligten ermöglicht Ereignisse bei Bedarf nachzulesen. Außerdem ermöglicht es eine gute Zusammenfassung der letzten Sitzung am Anfang der jeweils nächsten. Zudem kann ich es als Spielleiter benutzen um im Nachhinein spontan erfundene NSC Namen und wichtige Informationen ohne viel Aufwand in eine Mindmap zu übertragen.

    Was jedoch den Anspruch von Demut angeht kann ich nur sagen das ich das schon etwas anmaßend finde. Gerade zum Beginn einer kleinen Kampagne haben die Spieler mit der Kreation ihrer Charaktere selten weniger kreative Leistung eingebracht als der Spielleiter und auch wenn sie weniger vorbereiten müssten denken die meisten von ihnen ja doch darüber nach was ihre Charaktere so tun oder lassen könnten im Verlauf der weiteren Geschichte. Auch das ist Vorbereitung für das Spiel und es trägt ebenso zu einem guten Spielfluss bei.

    Cheers!

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    1. Ariatros Artikelautor

      Für 8-11 Stunden Abenteuer wöchentlich nur 2 Stunden benötigen? Das will ich auch können 😀
      Was genau machst du denn in den 2-4 Stunden? Ich bin immer an neuen Vorbereitungsmethoden interessiert ^^
      Feedback finde ich mittlerweile auch absolut unverzichtbar. Es hilft wirklich allen Beteiligten einen das Spiel zu verbessern und einen Konsens für den Spielstil zu finden. Aber ich finde es ja spannend, dass ihr Protokoll führt. Kann ich mir das wie ein Tagebuch vorstellen?
      Ich denke auch, dass du auch im letzten Absatz recht hast. Ich kenne Rollenspiel auch nur als Gruppenspiel, in der jeder etwas beiträgt und ich glaube, wenn eine Gruppe gut funktioniert, dann inspiriert sie sich später auch zu neuen Leistungen. Nachdem die Spielleitung uns das vorgeworfen hatte, habe ich nur überlegt, ist das vielleicht wirklich so? Also dass Spieler im Vergleich zur Arbeit der Spielletung undankbar sind, weil sie „nur konsumieren“ und die arme Spielleitung, schon allein durch ihre Erwartungen, im realen Leben unter Druck setzen? Aber ich denke, die bisherigen Kommentare zeigen, selbst bei Vollbeschäftigten, dass die Arbeit zu schaffen ist und durchaus ein ausgewogeneres Bild vom Leiten exisiert. Das finde ich beruhigend.

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      1. T.L. Donnerhaus

        Nun, ich bin Spielleiter seit nun gut 25 Jahren. Irgendwann braucht man einfach kaum noch Vorbereitung. Allerdings summiert sich das nicht einfach so auf. Man muss aktiv daran arbeiten und das habe ich immer fleißig getan. Für mich ist Rollenspiel und Spielleiter sein eine Linse die ich immer mit mir herumtrage und die ich benutze um Erlebnisse zu filtern. Dadurch sammeln sich mit der Zeit Versatzstücke an. Wie Tetris. Ich habe diesen Berg an Steinen und wenn ich spielen will schmeiß ich sie in den Schacht. Dann muss ich sie nur, während sie fallen, ein wenig drehen und verschieben und alles fügt sich von sebst. Nur das anders als bei Tetris die Spieler mitmachen und es so noch viel einfacher ist.

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        1. Ariatros Artikelautor

          25 Jahre Rollenspiel… das ist fast meine gesamte Zeit auf Erden. Ich finde es immer unheimlich spannend, mit sehr erfahrenen Rollenspielern über ihre Erlebnisse und Meinungen zu sprechen. Wenn du erlaubst, würde ich dir gerne ein paar Fragen dazu stellen:
          Warst du durchgängig 25 Jahre immer mit Leidenschaft dabei oder hattest du auch mal Pausen, in denen du von dir aus oder durch äußere Umstände gar nicht mehr konntest? Hattest du eher immer eine Gruppe aus vertrauten Veteranen oder warst du eher in vielen verschiedenen Gruppen unterwegs? Würdest du Rollenspiel eher als Gruppenerlebnis einschätzen und wenn ja, hat sich diese Einschätzung im Laufe der Zeit gewandelt? Daran anschließend: Wie sahst du das Hobby damals und wie siehst du es jetzt? Glaubst du, dass es noch eine Zukunft hat oder sich verrennt?
          Ich danke dir schon jetzt für deine Zeit, die du dir für deine Antworten nimmst =)

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  5. T.L. Donnerhaus

    Ich spiele seit durchgängig 25 Jahren, davon etwa 24 als Spielleiter. Heute einmal pro Woche, früher teilweise mehr. Pausiert habe ich nie und ich habe immer mit einer festen Gruppe gespielt, auch wenn deren Besetzung und Größe variierte.

    Ich habe Rollenspiel immer als Teamsport verstanden, bei dem alle ihren Part zu spielen haben und alle gleichsam bedeutend für den Erfolg des Unterfangens sind. Die Attitüde „MEISTER, spieler, MEISTER, spieler,…“ kenne ich von früher und habe sie immer zutiefst verabscheut. Anders als manche finde ich an solch autokratischen Strukturen auch nichts romantisches oder nostalgisches.

    Was die Zukunft des Rollenspiels angeht denke ich das es weniger Zukunft hat und schlechter dasteht als es das sollte. Anstatt das es professioneller durch die großen Systeme geworden ist wurden die großen Systeme immer amateurhafter. Nachwuchsförderung fand fast nicht statt und wo gefördert wurde passierte das nicht meritokratisch sondern eher nepotistisch. In den USA ist das teilweise anders, aber nur teilweise. Dennoch reicht es dort aus um in den letzten Jahren eine Frischzellkur bewirkt zu haben die sich spürbar ausgewirkt hat. So oder so sind wir noch weit davon entfernt einen point of no return zu erreichen. Was es an Potential in diesem Freizeitsegment gibt (es nur als Markt zu bezeichnen ist bereits einer der größten Fehler) ist nach wie vor da und muss nur freigesetzt werden.

    Cheers!

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  6. Reeth

    Ich finde Feedback am Ende der Runde ein sehr nützliches Hilfsmittel um a) die Erwartungshaltung am Tisch abzuklopfen und b) die Richtung des Rollenspiels in der Gruppe zu justieren, damit alle Ihren Spaß daran mehren können. Da ist sowas wie „Demut verlangen“ ein absoluter no-go. Andererseits muss ich aber auch sagen, dass Kritik immer mit konkreten Verbesserungsvorschlägen einhergehen sollte. Und wer partout immer was zu nörgeln hat, soll es selbst machen. Dann weiß er vielleicht, was für eine Arbeit das ist. Denn das Thema „passive Konsumentenspieler“ mit Hang zu Undankbarkeit kenne ich leider auch. Solche Runden haben mich als SL dann auch schnell wieder gehen sehen. Wir sind alle nunmal nur Menschen und nobody is perfect … 😉

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