Rollenspielanekdoten 1: die Geschichte vom Lavasee

Ich hatte mich letztens in meiner Gruppe über besonders erinnerungswürdige Momente im Rollenspiel ausgetauscht. Unweigerlich sind wir vom Schwelgen von den heroischen Situationen auch in das Alberne abgedriftet. Da erzählte einer die Geschichte vom Lavasee. Das ist bei uns mittlerweile ein Klassiker, ein böses Märchen, dass fast immer zum Besten gegeben wird und auf das sich alle hämisch freuen. Ich bin zum Glück nicht der, der es selbst erlebt hat. Aber ich möchte es hier dennoch gerne grob wiedergeben. Denn ich mag solche Anekdoten sehr und denke, dass vor allem diese auch für euch einen gewissen Unterhaltungswert haben wird. Hier kommt sie also, die Geschichte vom Lavasee!

 

Die Vorbedingungen
Es war einmal eine 4 Spieler starke DSA Gruppe, die dem Erzähler der Anekdote vorher komplett unbekannt war. Schon im Vorfeld wurden die äußerlichen Alarmsignale geradezu pedantisch erfüllt. Die vollgestellte Bude lag in einem DDR-Blockbau-Ghetto und sah aus, als wäre dort eine Bombe eingeschlagen. Irgendwo zwischen benutzter Unterwäsche und leeren Bierflaschen fand sich dann eine vollgekrümelte Sitzgelegenheit ohne jede Bewegungsfreiheit. Die Spieler waren alle gerade in einer Lebenskrise, durchlebten ein Beziehungstrauma oder sind bisher nie nüchtern zum Rollenspiel erschienen. Check. Der korpulente Meister trug ein vollgesautes T-Shirt, dessen Schweißseen nahe den Achseln schon Salzringe gebildet hatten. Check. Bevor es überhaupt losging, brüllten sich die Spieler gegenseitig an, beleidigen sich in Gossensprache auf das Übelste und der Spielleiter hat nichts vorbereitet. Er musste erstmal anderthalb Stunden lang, nachdem alle eingetroffen waren, sich in aller Ruhe ein Abenteuer raussuchen und es sich durchlesen. Oh und die Haustiere hatten alle Durchfall, was bei der Lebensmittelversorgung, auf die ich hier aus guten Grund nicht weiter eingehen will, kein Wunder war. Check. Wir haben also quasi die schlimmsten Vorbedingungen, die man sich für ein Rollenspiel vorstellen kann. Zugegebenermaßen war der Anekdotenerzähler auch weniger für das Rollenspiel da, als vielmehr dafür, eine der Spielerinnen, über die er in die Gruppe gefunden hatte, ins Bett zu kriegen. Ich beschreibe das alles, um eine mögliche Erklärungsgrundlage für das folgende Geschehen zu bieten.

 

Helden im Urlaub
Es begann mit der Fortsetzung eines Urlaubabenteuers. Die Gruppe befand sich in Thorwal (sehr weit nördlich, Wikiniger) und verbringt ihren Urlaub damit, ein leer stehendes Dorf zu looten. Wieso nicht? Das wäre auch das erste, was ich machen würde, wenn ich mich erholen will. Das Meer genießen oder die Segel setzen? Lustige Trinkspiele mit den Thorwalern machen und sich mit ihnen unter Geldeinsatz beim Armdrücken messen? Das ist doch für Anfänger. Dem echten Abenteurer fehlt zur seiner Entspannung nur Eines: bessere Ausrüstung!
Na ja und wie das halt so ist, finden sich keine Hinweise warum das Dorf verlassen ist, aber dafür liegt unter jedem Bett was Tolles. Von einer Erstausgabe von Rondras Kampf (Kriegsgöttin, das Buch führt nach dem Studium zu einer Wertsteigerung) bis hin zu einem endlosen Beutel, der in den Limbus führt. Selbstverständlich wird sich dann von Spielerseite beschwert, warum unter solchen Betten nie was Nützliches liegen kann. Also weist der Spielleiter augenzwinkernd daraufhin, dass sie sich ja noch gar nicht den Dachboden der einstöckigen Hüttchen angeschaut haben. Ach, hier hat ein Holzfäller seinen magischen Mondbogen, der seine Pfeile automatisch beim Schießen generiert, doch tatsächlich beim unerklärten Exodus auf den Tisch liegen gelassen. So ein Pech aber auch für ihn. Aber so ein gutes Stück kann man ja nicht liegen lassen.

 

Das eigentliche Abenteuer fängt an
Nachdem nun alle zufrieden mit ihren Gaben waren, befinden sich alle auf einmal in den Echsensümpfen (sehr weit südlich). Wie sie dahin gekommen sind? Diese mysteriöse Frage lässt sich nur dadurch erklären, dass das Abenteuer des Spielleiters dort spielt und sich niemand für geografische Zusammenhänge interessiert. Aber wie es guter Brauch bei Gruppe ist, nachdem sie in einem normalen, mittelalter Dorf aufgeploppt sind, müssen erstmal alle männlichen Bewohner kastriert werden. Denn die Elfe, die da so geschwind zum Messer greift, hat ihre Trennung im realen Leben noch nicht verarbeiten können und deswegen sind alle Männer böse, wollen nur das eine und können auch nur auf eine bestimmte Art und Weise bestraft werden. Während die sich nun also als Wergreifentigerkatze, die stets betont ein süßes, rotes Schleifchen trägt, ihren Eiersalat schnippelt, geht der Rest in die Taverne, sich den handelsüblichen Quest abholen. Die Kombination von Heldengruppe trifft Taverne lässt schließlich auch keinen anderen Schluss zu, als dass der Wirt ihnen tatsächlich ihre Aufgabe erklärt.
Der Anekdotenerzähler, der übrigens einen adligen Hofkartographen spielt, macht den Fehler, den Wirt IT zu grüßen. Sofort wird er von der Gruppe gerügt; er redet zu viel. Also geht es in der dritten Person weiter, die Gruppe soll doch mal aus dem Fenster schauen. Da marschiert gerade eine Warhammer Echsenmenschenarmee auf das Dorf zu und es wäre sehr lieb von den Helden, wenn sie die doch bitte aufhalten können. Wie eben das Heldenleben so spielt, steht dann die Gruppe vor der besagten Armee. Aus irgendeinen Grund, den der Anekdotenerzähler entweder nicht mitbekommen hat oder der nie existierte, war auch noch eine Vampirarmee da, die die Echsenmenschen angegriffen hat. Ich will an dieser Stelle nochmal kurz erwähnen, dass sich der Spielleiter anderthalb Stunde direkt davor ein fertiges Abenteuer durchgelesen hat.

 

Auf zum Atem
Aber da sind die Helden bereits mitten in der Schlacht und schon prasselt der erste Pfeilhagel nieder. Die Spieler gehen in Deckung, bis auf einer. Bauer Ungolf, der OT ständig betrunken war, hält dies für den perfekten Moment, seine Pfeife hervorzuholen, sich auf einen Baumstamm zu setzen und erstmal den Tag Tag sein zu lassen. Selbstverständlich verfehlen alle Pfeile, so ein einzelner, unbeweglicher Bauer ist ja auch ein schweres Ziel für die hundert Schützen. Aber, so hält es der Anekdotenerzähler ihm zu Gute, das war der IT überzeugendste Moment im gesamten Abenteuer gewesen. Ungolf konnte seine Klugheit 5 (in einem W20 System) immer schon ausgezeichnet ausspielen.
Zumindest berät sich jetzt also die Gruppe in der Mitte der Schlacht, was man denn da tun könnte. Der Magier hat eine Idee. Ich weiß leider nicht mehr genau, was das für ein DSA Zauber war, aber es war etwas, mit dem man eine große Flutwelle herbeizaubern konnte. Auf jeden Fall wirkt er einen Reversalis, der die Wirkung des Zaubers ins Gegenteil umkehrt, und dadurch entsteht auf einmal ein riesiger Lavasee unter den Armeen. Astralpunkte? Zauberwurf? Zauberzeit? Der Spielleiter erklärt es so: „Magie ist ein mystisches Konzept. Keine Regel kann sie fassen.“ Ende.
Voller Stolz verkündete der Meister dann: „Und so endet diese epische Schlacht.“ Erst auf Nachfrage vom Anekdotenerzähler, was denn nun mit dem Dorf sei, wenn jetzt der Untergrund Lava ist, bemerkte der Meister: „Oh stimmt, das versinkt jetzt natürlich.“ Glücklicherweise halten solche Kollateralschäden die Heldengruppe nicht lange auf. Der Wirt, in seiner brennenden Taverne, wird nochmal besucht, die Quest abgegeben und aus dem Weinkeller eine Schatztruhe voller Gold hochgehoben. Die Charaktere werden als Helden gefeiert und verlassen erhobener Brust den verwüsteten Landstrich.

 

Das war eine der bekanntesten Geschichten meiner Gruppe. Vielleicht habt ihr ja auch schon mal sowas Ähnliches erlebt. Ich lese mir gerne Rollenspielgeschichten durch. Also wenn ihr Lust habt, seid ihr herzlich dazu eingeladen, eure Erlebnisse zum Besten zu geben.

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