Besondere Spiele 6: Die Halloween-Beschwörung mit Arkham Horror

Passend zum Samhain-Fest, bei dem sich die Tore zu anderen Welten öffnen, habe ich eine 8 Spieler Arkham Horror Runde veranstaltet. Dabei handelt es sich um eines meiner liebsten Brettspiele. Das liegt im Besonderen daran, dass viele Rollenspielelemente in dem Brettspiel Platz finden und durch die sehr hohe Anzahl an atmosphärischen und gelungenen Beschreibungen immer wieder unbekannte und immersive Situationen geschaffen werden. Deswegen will ich euch dieses Spiel einmal vorstellen.

 

Worum geht es?

Jeder Fan von H. P. Lovevraft dürfte den Cthulhu-Mythos kennen. Im Grunde war eine der Grundthesen von Lovecraft, dass es in unserer Welt so schreckliche und übermächtige Wahrheiten gibt, dass sie einen menschlichen Verstand bei bloßen Anblick einfach zerbrechen würden. Unsere Mythologie gibt dabei Hinweise auf uralte Wesen, von unvorstellbarer Macht. Diese sogenannten großen Alten schlummern in anderen Dimensionen oder in der Erde und ihr Erwachen würde das Ende der Menschheit bedeuten. In Arkham Horror spielen alle Spieler kooperativ Ermittler, um das Erwachen einer solchen gottgleichen Kreatur zu verhindern. Niemand ahnt, was sich da hinter der Fassade der namensgebenden Stadt Arkham tatsächlich abspielt. Demzufolge ist es das Ziel der Ermittler erst Hinweise zu sammeln, um dann die Torverbindungen zu den anderen Welten, aus denen Monster und andere unaussprechliche Kreaturen herausströmen, zu unterbrechen, bevor der große Alte erwacht.
Das Spannende ist nun, dass jeder Ermittler eine eigene Geschichte, Charakterwerte, persönliche Quests und Motivationen, Stärken, Schwächen, Ausrüstung und Fähigkeiten mitbringt. Als wäre das nicht genug, gibt es noch hunderte Ausrüstungs-, Artefakt-, Zauber-, Fertigkeiten- und besondere Karten, die allesamt spannende Synergien und Strategien ermöglichen. Der große Alte selbst verändert das Spiel durch seine eigenen Regeln auch nochmal. Zusätzlich bieten die 4 großen und die 4 kleinen Erweiterungen jeweils nochmal eigene Karten, Regeln und Besonderheiten. Es gibt also eine unheimlich große Varianz an Bedingungen, Karten und Ereignissen. Ich selbst habe das Spiel schon 30-40 Mal gespielt, mit verschiedenen Erweiterungen und Konstellationen und JEDES Spiel immer andere Situationen erlebt.
Die Hauptspielmechanismen sind die strategische Bewegung sowie Kooperation über das Brett und dann die Begegnungen an Standorten in der Stadt oder in anderen Welten. Dort wird auf hunderten von Karten eine Situation beschrieben, in denen, wie im Rollenspiel, mal Würfelproben auf Attribute durchgeführt werden müssen, mal können sich Spieler für Handlungswege entscheiden und mal wird auch nur beschrieben, was gerade geschieht. Das kann wie folgt aussehen:
In einer anderen Zeit entdeckt der Professor in einer Galerie aus Gemälden ein Artefakt. Doch darüber ist ein Bild, das ihn zeigt, wie er dieses Artefakt stiehlt. Jetzt wird der Spieler gefragt, ob er es stehlen will oder nicht. In dem Fall lässt er es. Da aber die Zukunft bereits vorherbestimmt ist, erscheint nun ein Schattendoppelgänger von ihm, der das Artefakt stehlen will. Er kann sich dazu entscheiden ihn aufzuhalten oder ihn gewähren zu lassen. Er will ihn aufhalten, würfelt auf seinen Kampfwert und es gelingt ihm. Der Doppelgänger beginnt nun ein Gespräch. Dadurch kommt er zu der seltenen Möglichkeit, viel über sich selbst zu erfahren und ihm wird eine Statue offenbart, die ihm darstellt. Sie wurde zum Dank einer großen Heldentat errichtet, die er bald noch verrichten wird.

 

Kann ein Brettspiel ein Rollenspiel sein?

Das oben beschriebene Beispiel blieb bei dem Spieler genauso im Gedächtnis, wie Szenen aus einem Rollenspiel und tatsächlich gibt es zwischen beiden viele Parallelen. Der Spieler konnte sich mehrfach frei für etwas entscheiden, hat diese Entscheidung durch die Leistung seines Charakters erreicht und wurde nicht nur vom Spiel, sondern vor allem auch mit einer schön beschriebenen Szene belohnt. Schon allein durch die über 30 verschiedenen Charaktere, die alle einen eigenen Spielstil und eine eigene, persönliche Geschichte besitzen, ist die eigene Figur nicht nur ein Marker auf dem Brett. Fast immer, wenn eine Begegnung vorgelesen wurde, haben wir sie als Gruppe ausgemalt, rollenspieltypisch weitergesponnen und sie teilweise auch in das Verhältnis mit zuvor geschehenen Szenen gesetzt. Kurz gesagt, wir haben uns eine eigene Geschichte erschaffen. Dazu sind wir stellenweise IT in unseren Charakter gegangen, denn das Spiel bietet die besten Voraussetzungen dazu. Am Ende der Runde wurde sogar angemerkt, dass wir das nächste Mal das Spiel doch bitte weniger taktisch, eben wie ein Brettspiel, sondern viel mehr charakterorientiert, wie ein Rollenspiel, spielen sollen.
Bitte nicht falsch verstehen, wir reden hier immer noch von einem Brettspiel, mit einer klaren Zugstruktur, klaren, immer gleichen Handlungsmöglichkeiten und keiner spielverändernden, kreativen Freiheit. Das ist die schlicht die Limitation des Spiels. Aber schon allein der Umstand, dass rollenspielähnliche Erlebnisse möglich waren, zeigt wie nahe Brett- und Rollenspiel hier einander kommen. Es ist aus meiner Erfahrung auch das einzige Brettspiel, dem diese Nähe gelingt. Deswegen will ich jeden, der mit dem Setting und/oder kooperativen Spiel etwas anfangen kann, Arkham Horror ans Herz legen. Denn durch diese hohe Varianz, das mögliche Charakterspiel und vielen, schön beschriebenen Begegnungen, ist es ein ganz besonderes Spiel für mich.

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