Tabletop-PnP – ein guter Mix?

Eine Freundin hat eine Tabletop PnP-Runde gestartet. Jeder NSC, Feind und die wichtigsten Schauplätze werden von ihr als Figuren und Geländestücke auf dem Tisch platziert. Es ist ein spannendes aber gleichzeitig auch kostspieliges Experiment. Sofort stellten sich mir Fragen: Welche Geschichten können Figuren erzählen? Ergeben sie mit ihnen neue Spielmöglichkeiten? Bieten sie ein einzigartiges Erlebnis und sind sie eine sinnvolle Ergänzung oder doch nur Zierde?
Ich will euch deshalb hier davon erzählen, wie gut die Kombination aus Tabletop und PnP funktioniert hat, welche Vor- sowie Nachteile es gibt und ob sich der Aufwand lohnt.

Wie lief die Runde ab?

Grundsätzlich lässt sich der Tabletopanteil erst einmal wie eine Battlemap zu verstehen. Die Spielleitung beschreibt wie gewohnt eine Szene und platziert dabei die entsprechenden Spielelemente. Sie besaß eine große und vielfältige Auswahl an Geländestücken, Gebäuden mit Innenausstattung und verschiedensten Figuren. Selbst die Helden hatte sie über die Seite Heroforge individuell anfertigen und drucken lassen. Das beeindruckendste war aber wohl das Dungeon, in dem jedes Rätsel, jede Falle und jede Tür dargestellt war.
Die Spieler erzählten nicht nur, was sie taten, sondern bewegten gleichzeitig ihre Figuren. Der Tisch wurde zu einer zweiten Spielebene, die neben der Erzählung existierte. Alles was gesagt wurde, musste auch auf den Tisch repräsentiert werden und alles was auf dem Tisch geschah, musste gesagt werden. Das eröffnete ganz neue Wege der Interaktion. Wenn es darum ging, einen bestimmten Gegenstand zu suchen, konnten wir Spieler nicht einfach bequem auf Wahrnehmung würfeln, sondern mussten uns tatsächlich im Raum umsehen. Das machte das Spielgefühl ungleich intensiver. Denn wenn wir in eine Falle liefen, lag das nicht an unseren schlechten Würfen, sondern weil wir tatsächlich unachtsam waren.
Das führte dazu, dass jedem platzierten Objekt eine Bedeutung zugemessen wurde. Eine Fackel an der Wand war nicht nur Dekoration. Sie war gleichzeitig eine tragbare Lichtquelle, eine improvisierte Waffe oder ein Wurfgegenstand. Eine Rune auf dem Boden erzählt folglich gleich eine ganze Geschichte. Denn sofort fragten wir uns, wer hat sie dort geschaffen und warum? Die Spielleitung konnte sich wissend mit einem Grinsen im Gesicht zurücklehnen, während wir Spieler uns unsere eigenen Szenen erschaffen haben.
Das Spiel wurde gleichzeitig brettspielartiger. Das heißt vor allem, dass es messbarer und übersichtlicher wurde. Jeder Bewegungs- und Waffenradius, jedes Hindernis und jede Sichtlinie war allzeit einseh- sowie abschätzbar. Folglich sind dann die narrativen Möglichkeit etwas in den Hintergrund getreten und wir Spieler haben uns im Schwerpunkt auf unsere regeltaktischen Möglichkeiten konzentriert. Das Spielgefühl war dabei eher auf Handlungs- und Bewegungsregeln beschränkt, gleichzeitig war es sehr viel konzentrierter. Mit einer physischen Manifestation vor Augen sind wir weniger schnell ins OT abgedriftet und unsere Gespräche waren auf die Objekte vor uns fokussiert. So hatten wir am Ende einen intensiven und unterhaltsamen Dungeonrun. Für den schnellen Überblick will ich nun abschließend Vor- und Nachteile gegenüberstellen und ein Fazit ziehen.

Vorteile:

– Plastizität, Immersion, alle haben dasselbe Bild

– Übersicht, Messbarkeit, Genauigkeit

– neue Spielmöglichkeiten: mit eigenen Augen suchen, Objekte aktiv im Spiel benutzen

– Tisch als zweite Spielebene, Objekte erschaffen eigene Geschichten (enviromental storytelling)

Nachteile

– Beschränkung auf platzierbare Objekte, was erzählt wird, muss auch dargestellt werden

– Tunnelblick auf Objekte, Tabletop fokussiert eher Regeln als Narration

– undynamisch, es können niemals alle Ideen, Schauplätze usw. mit Objekten abgedeckt werden, die Erzählstruktur muss sich statisch an den vorhanden Objekten orientieren

– enormer Geld- und Zeitaufwand zur Vorbereitung

Fazit

Die Kombination aus Tabletop und PnP ist mehr als eine hübschere Battlemap. Es fügt dem PnP eine neue Spielebene und spannende Handlungsmöglichkeiten hinzu. Die Immersion ist intensiver und das Spielerlebnis eine besondere Erfahrung. Allerdings bringt es auf der spielerischen Ebene auch die Einschränkungen des Tabletops mit sich. Es existiert das, was auf dem Tisch steht. Das ist ganz wunderbar, wenn man in einem eher regellastigen, taktischen Denken agiert, es schränkt jedoch ein Stück weit Narration ein. Besonders lenkt das Gelände die Sicht- und Denkweise weg von der freien Assoziation hin zu der reinen Objektbezogenheit. Das ist natürlich eine Geschmacksfrage. Wer gerne Brettspiele spielt, kommt hier sicher auf seine Kosten. Mit diesem Wort wären wir bei dem eigentlichen Krähenfuß. Die Spielleiterin malt und bastelt seit Jahren. Sie hat in langer und kostenintensiver Vorbereitung (im vierstelligen Bereich) Stück für Stück sich die Geländestücke, Objekte und Charaktere besorgt, erbastelt und bemalt. Dieser Prozess ist noch dazu nie abgeschlossen, weil das Abenteuer immer wieder andere Pflanzen, Räume oder Figuren benötigt. Auch wenn es eine faszinierende Erfahrung war, kann ich sie deshalb nicht weiterempfehlen. Der Kosten-Nutzen-Aufwand ist zu gering, um sich zu lohnen.

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