Superhelden und die Macht des Normalen

Vor einiger Zeit stellte mir jemand eine Internetseite vor, auf der man seinen eigenen Wunschhelden definieren durfte. Da dabei für gewöhnlich die Stärken hervorgehoben werden, definieren die weiteren User unter der eigenen Idee die Schwächen des Charakters. Also habe ich mich auch mal dran gesetzt, wie mein favorisierter Superheld aussehen würde. Rausgekommen ist Normal Man, die Anti-Thesis eines Superhelden. Das ist ein gewöhnlicher Typ, der nichts Besonderes kann mit der Ausnahme, dass er die Naturgesetze, die alle anderen Helden für ihre Kräfte je nach Plot verbiegen können, wieder normalisiert.

Normal Man

Ich habe auch schon eine Geschichte für ihn, um ihn interessanter zu machen. Er ist Wissenschaftler bereist das Multiversum, um eine Antwort auf die Frage nach dem Determinismus zu finden, deren Lösung seine Welt retten kann. Mit dieser ist er, ähnlich wie bei Stargate, ständig verbunden, kann in sie zurückreisen und sie unterstützt ihn auch mit Material und Informationen. Während er also durch die verschiedenen Welten reist, trifft er auf Helden und Schurken. Körperlich vollkommen unterlegen kann er nur darauf hoffen, dass diese Wesen möglichst weit von den Naturgesetzen unserer Welt abweichen. Diese ist die erste der Welten und somit ist die Ausrichtung ihrer Quantenfelder ein dominantes Muster. Damit zwingt er einen bestimmten, kleinen Teil der Welt sich den Gesetzen unserer Welt zu unterwerfen. Das führt dazu, dass natürlich ein Super-Saiyajin immer noch mit einen Handlaser einen Planeten zerstören kann. Doch dieses Mal passiert das nicht einfach sein. Die erforderliche Energiemenge muss irgendwie erzeugt werden. Die sich verändernde Realität darf nicht in Konflikt mit sich selbst stehen. Sie muss dem Super-Saiyajin seine Möglichkeit erlauben und gleichzeitig ihn den Beschränkungen unserer Welt unterwerfen. Da kein organisches Material die Temperaturen und Strahlung aushalten könnte, die für die Kernfusion solcher Energiemengen nötig wären, würde der Super-Saiyajin sich schlicht in ein Plasma verwandeln, bevor überhaupt irgendwas passieren würde. Hulk kann natürlich mit einem Schlag die Erdkruste brechen und gleichzeitig würde, weil Kraft gleich Gegenkraft, die Erdkruste ihn zerschmettern. Magie wird wirkungslos, allerdings funktioniert erklärbare Technologie, wie die eines Iron Mans, weiterhin.

Die Statik des Super-Konzeptes

Superhelden aber auch Rollenspielcharaktere, die irgendwann von ihren Fähigkeiten zu Super-Helden/Schurken werden können, definieren sich darüber, dass sie sich eben vom Normalen abheben. Man will doch gerade der Normalität des Alltags entfliehen. Heißt das dann aber notwendig, dass die Fluchtrichtung die entgegengesetzte Bewegung sein muss? Das Super-Konzept als radikale Richtung ist, aufgrund seiner Einzigartigkeit, sicherlich faszinierend, bringt aber ganz eigene Probleme mit sich. Ganz viele Facetten des Normalen werden bedeutungslos mit Superkräften. Das kulminiert in einem Vergleichsdenken, das sich allein die Frage stellt, wer gegen wen gewinnt und wer der stärkste ist. Das Messen aller Superkraftträger miteinander ist der Anwendungshöhepunkt des Konzeptes. Diese Kräfte werden für den Kampf erschaffen, dabei zeigen uns doch Mythologien, wie etwa die griechischen Heldenmythen, wie vielschichtig und lehrreich Heldengeschichten sein können.

Was dem Multiversum, meiner Meinung nach fehlt, ist eine Erdung und Entwicklungsdynamik. Die Welt ist sehr statisch, wird für die zahllosen Helden immer wieder zurückgesetzt. Dauerhafte Ideen sind dann lediglich Versammlungsorte (Watchtower, Helicarrier) für die Helden, an denen sie einsatzbereit warten, bis die Superschurken ihren Zug machen. Sie vereinen im Grunde kaum mehr, als die Idee des gerechten Verteidigers, dessen Kräfteeinsatz darauf wartet, durch Schurken gerechtfertigt zu werden. Dabei wäre die gesellschaftliche Implikation dieser Kräfte, über ihr Zerstörungspotential hinaus, sehr spannend.

Die Macht des Normalen

Was mir an Normal Man so gut gefällt, ist die Achtsamkeit auf Konsequenzen. Das Normale wird plötzlich wieder bedeutungsvoll. Superkraftträger können ihre Macht nicht mehr gedankenlos einsetzen. Anstatt einfach immer krasser zu werden und noch mehr Zerstörung zu verursachen, ist plötzlich eine Grenze zur Selbstzerstörung da. Das Reflektieren über die eigenen Kräfte wird in das Super-Konzept zurückgebracht. Das wiederum macht alles andere wieder relevant, anstatt nur noch Kräfte gegen Kräfte zu werfen. Im Rollenspiel ist das gleichzeitig meine favorisierte Rolle. In DnD, in dem jeder eine durchoptimierte Tötungsmaschine spielt, spiele ich einen freundlichen Bauersjungen. In DSA, in dem ich nur neben Panzerplattenträgern spiele, spiele ich einen ungerüsteten Wanderer. Dieser Kontrast bringt so viel mehr Dynamik und Leben in die Gruppe. Ohne mich stehen die PnP Supermänner da und würfeln nur monoton Schaden aus. Mit mir muss ich plötzlich geschützt, geheilt und über Hindernisse gehoben werden. Im Gegenzug bewundere ich die Supermänner, bedanke mich für die Heldentaten, fürchte mich vor Herausforderungen und biete ihnen kleines aber feines Spiel für unterwegs. Auch wenn es die Kampfkraft der Gruppe schwächt, erzeugt das Normale viel Spiel. Denn es erdet die Gruppe und lenkt den Blick wieder auf alltägliche Probleme.

Wie seht ihr das? Spiel ihr auch lieber normale Charaktere oder doch Superkraftträger? Wenn ja, wie würde euer Held/ eure Heldin aussehen? Schreibt es mir wie immer in die Kommentare.

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