Mega-Frustration statt Mega-Schlacht, eine Fehleranalyse

Eines vorweg: die lange vorbereitete Mega-Schlacht war keine Katastrophe, aber es gab Punkte, bei denen die Stimmung zu kippen drohte. Nach wochenlanger Vorbereitung, zahlreichen Verschiebungen sowie hoher Investition in Modelle, Gelände, Regenschutz, Lebensmittel und Bequemlichkeiten war es endlich soweit, die 12.000 Punkte Schlacht fand statt. Der Gedanke war, dass es ein unbeschwerter, narrativer Spieltag wird, in denen versucht wird, fluffige Situationen zu erzeugen. Am Ende des Tages war es aber eine so einseitige und damit langwierige Schlacht, ohne große Spannungsmomente, aber dafür mit umso mehr Gemecker (ironischerweise nur von der dominanten, gewinnenden Seite). Ich musste mich hinterher fragen, warum ich überhaupt so viel Mühe, Zeit und Geld in dieses Ereignis investiert hatte. Ich will diesen Beitrag daher nutzen, um mich selbstkritisch zu hinterfragen, was da schief gelaufen ist und was es in Zukunft zwingend gilt, besser zu machen.

Fehlerquellen

Eine narrative 40k Mega-Schlacht auszuführen ist bereits in der Theorie aus vielen Gründen kein einfacheres Vorhaben. Die einzelnen Spielzüge sind sehr lang und erfordern viel Konzentration. Das Spiel bietet viel zu wenig Interaktionsmöglichkeiten in den einzelnen Zügen der Spieler. Die gesamte Spieldynamik erschöpft sich in den maximalen 5 Spielrunden. Das Spiel bietet viel zu kleine Bewegungen für so eine große Spielfläche, die aber vor allem aufgrund der riesigen Artilleriereichweiten trotzdem beschossen werden kann.

Meine Lösung war es, jede Runde sehr viele Angreifer nachspawnen zu lassen, die sich auch hinter der Verteidigungslinie aufstellen können. Dazu gab es verschiedene Spielquadrate, abseits der Hauptangriffsrichtung des Angreifers, um kleine Geschichten erzählen zu können und über globale Boni so kleine Scharmützel mit beweglichen Truppen für beide Seiten interessant zu machen.

Mein Fehler war es, dass ich nicht alle Spieler in die Schlachtplanung eingebunden hatte. Der Großteil hatte dazu auch keine Lust, aber es war auch bequem für mich, mich nur an den erfahrensten Regelspieler (der Turnierspieler ist) zu wenden. Er kannte die gespielten Armeen sehr gut und beriet nicht nur, sondern plante mit, was für mich eine große Hilfe war.

Der zweite große Fehler war es nun, dass er die Verteidiger spielte. Er hat dann die Distanzen zwischen den einzelnen Missionszielen der Angreifer soweit gestreckt (und es mir mit ihren besonderen Schnelligkeitsregeln plausibel gemacht), dass die Schlacht schon von Runde 1 für die Angreifer nicht zu gewinnen war. Die Schnelligkeitsregeln existieren zwar, aber sie wurden gar nicht von den Angreifern eingesetzt, weil sie sich für einen ganz anderen Spielstil entschieden hatten. Er kalkulierte also bei der Planung, was das schlimmstmögliche Match-up gegen ihn wäre und hatte die Karte entsprechend so angepasst, dass er immer noch dagegen mit großer Sicherheit ankommen konnte.

Die Planung der Schlacht lag damit also schon einmal schief. Gut, jetzt ließe sich sagen, es ging auch gar nicht ums Balancing, immerhin respawnen eine große Anzahl von Feinden jede Runde und das wird hoffentlich schon genug Druck aufbauen. Das experimentelle Konzeptdenken war zwar nicht zu verhindern, aber es war auf jeden Fall sehr ungenau. Denn wie sich zeigte, waren die 1000 Punkte pro Runde zu wenig und die Mechanik mit den Quadranten konnte nicht greifen.

Der Verteidiger meckerte ununterbrochen über die Boni, obwohl er mitgeplant hatte, was in den Quadraten passieren und welche Boni zu erringen gewesen waren.  Sie wären zu schwach, deswegen würde er keine Truppen für irgendwas einsetzen. Er stand also nur am anderen Rand der Platte mit seiner Artillerie, hielt die Linie vorne mit vielen Lebenspunkten und bombardierte die Angreifer. Da diese dagegen nichts machen konnten, da auch ihre Teleportationstruppen immer in der Runde, in der sie erschienen, weggeschossen wurden, fühlten diese sich macht- und hilflos. Der verteidigende Turnierspieler wiederum beschwerte sich bei mir, dass sich die Schlacht, die er selbst mitgestaltet hatte, für ihn unfair anfühlte. Denn nach dem Teleportieren konnten die Teleportationstruppen der Angreifer noch schießen und dagegen konnte er nichts machen (er hat keine einzige Einheit verloren, es starben nur einige Zivilisten dadurch). Das heißt, auch er war zutiefst unzufrieden und ließ das alle anderen spüren.

Das Design der Schlacht hat also eine Lage begünstigt, in der die Nebenmissionsziele ignoriert wurden, die Verteidiger stark begünstigt waren und auf beiden Seiten ein Gefühl der Spannungslosigkeit und Machtlosigkeit aufkam. Das mag vielleicht auch mit den Spielern zusammenhängen, aber es zeigte mir, wie wichtig Geheimhaltung vor den Spielern war. Hätte der Verteidiger nicht mitgeplant, dann wäre wenigstens die Spannung um die Belohnungen und Mechaniken der Nebenziele erhalten geblieben.

Der Faktor Mensch ist aber allgemein unkalkulierbar. Es kam später noch überraschend für die anderen Spieler eine dritte Fraktion hinzu, die den klaren Auftrag hatte, den Verteidiger mit unter Druck zu setzen. Der Spieler der dritten Fraktion entschied sich aber dagegen, verbündete sich stattdessen mit dem Verteidiger und machte das Spiel so noch einseitiger. Er ignorierte schlicht meine Missionsziele und es war ihm egal, ob er so nicht gewinnen konnte.

Gegen solche Unberechenbarkeit lassen sich keine Mechanismen ausdenken. Am Ende stehe ich aber trotzdem in den Augen der Spieler als Verantwortlicher da. Deswegen muss ich leider schlussfolgern, dass sich solche Veranstaltungen nicht lohnen oder zumindest nicht in der Form, wie ich sie abgehalten habe. Der Aufwand stand in keiner Relation zum Spielspaß.

Meine Lehren

Faszination von Größe regt zu gewaltigen Kopfkino an. Die riesigen Armeen und titanischen Kreaturen kämpfen im epischen Ausmaß miteinander. Diese Faszination macht aber blind dafür, dass das Spiel für diese Art der Schlachten nicht ausgelegt ist. Alles dauert ewig, es werden hunderte Modelle bewegt, ohne dass sich irgendein relevanter Zug ergeben hat. Spannungsgeladene Duelle weichen plumpen Abwürfeln. Das Gefühl echten Fortschritt erzielt zu haben, wird im Anblick der noch zu tötenden Massen zur Ernüchterung endloser Arbeit. Geschichten entstehen hier eher, weil eine Einheit dem sicheren Tod durch Würfelbeschuss entgeht oder selbst tödlichen Schaden entgegen jeder Wahrscheinlichkeit anrichtet. Langweilige Ballerburgen beschießen indirekt (sie brauchen keine Schusslinie) hilflose Feinde. Nein, Größe in Spielfläche und Armeen alleine reicht lange nicht für ein schönes Spielerlebnis aus. Wenn ich nochmal so eine Schlacht veranstalte, werde ich die Modelle auf verschiedene Platten verlagern. Jede Platte gibt dann Boni und Truppen für die Hauptplatte. So bleibt das 40k System in seinen Grenzen, die pure Größe und Bewegungsrestriktionen werden gebrochen und der Kern von 40k, der einen grundlegenden Spielspaß garantieren soll, kann wieder arbeiten. Ich hatte versucht, das Spielsystem zu etwas zu zwingen, was es nicht leisten kann. Das war wohl mein größter Fehler.  

6 Gedanken zu „Mega-Frustration statt Mega-Schlacht, eine Fehleranalyse

  1. Kurt Eggert

    Turnierspieler und Fluff Spieler passen überhaupt nicht zusammen. Min-Maxing geht komplett gegen den Sinn von Fluff und Jemand der alle Regeln kennt blickt ganz anders auf das Spiel als jemand der nur mit lustigen Insekten auf Menschen laufen will. Ich glaube das große Problem waren die Teilnehmer. Nicht weil sie irgendwie falsch spielen, sondern weil zwei Welten aufeinander geprallt sind und die Schwitzer Seite nunmal immer gewinnt

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    1. Ariatros Artikelautor

      Vielen Dank für deinen Kommentar!
      Das ist tatsächlich immer ein Problem. Ich muss auch sagen, dass ich viel lieber mit Fluff-Spielern spiele, weil die sich viel mehr auf die Geschichten und abgeänderten Regeln einlassen, während Turnierspieler stark dazu neigen, alles unfair zu finden, was nicht als Regel abgedruckt ist. Aber der menschliche Faktor lässt sich schwer planen.
      Wie soll man vorhersehen, dass die dritte Fraktion ihre Ziele komplett ignoriert, um dafür ihr eigenes Fluff-Spiel spielen will? Der Punkt ist, das würde sogar funktionieren, wenn man von Anfang an sagt: Leute, es gibt keine Ziele. Spielt einfach, wie ihr denkt, dass es für eure Fraktion am fluffigsten wäre. Das wäre auf jeden Fall mal ein interessantes Konzept. Dann würde ich die Karte schlicht mit ein paar Interaktionspunkten und NSCs bauen und der Rest liegt dann an den Spielern. Vielleicht als eine Art Lagerkonzept. Also ein Basis steht in der Mitte und die Spieler ziehen dann auf die Karte aus, müssen sich dabei entscheiden, wie viele Einheiten sie mitnehmen, was sie zur Verteidigung zurücklassen und was sie priorisieren, da die Karte sich von Runde zu Runde verändert bzw. die Feindfraktion vom Rand her auf die Karte schwabt. Ich werde mir das nochmal ein wenig durch den Kopf gehen lassen.
      Auf jeden Fall danke, dass du mich auf diesen Gedanken gebracht hast. Deswegen finde ich es so toll, wenn ihr kommentiert ^^

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    1. Ariatros Artikelautor

      Nicht wahr? Die Szenerie war auch bombastisch! Es macht bereits allein Spaß, einfach zu zusehen, wie sich in den Straßenschluchten und Betonwällen die riesigen Armee bekriegen. Also den WOW-Effekt hatte die Schlacht auf jeden Fall gehabt. Es ist nur schade, dass der Rest nicht so gut funktioniert hatte.

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  2. Andreas (RPGnosis)

    Danke für den Artikel – gerade aus Scheitern lässt sich gut lernen, danke für das Teilen dieser Erfahrung.
    Meiner Ansicht nach hast du zwei Probleme… erstens die Auswahl deiner Mitspieler. Da ist man leider nicht ganz frei, aber es bringt’s schlicht nicht, wie schon geschrieben, dass man Turnierspieler auf Fluffspieler hetzt bzw. von Kompetitivspielern erwartet, sich einer narrativen Dramaturgie unterzuordnen oder gar im Sinne der Geschichte suboptimale Züge zu machen. Was für die einen Dramaspiel ist, ist für die anderen Taschenlampenfallenlassen. Dem folgt zweitens, Warhammer (40k) ist keineswegs auf Narration ausgelegt, was man spätestens daran sieht, dass, wie du schriebst, 5 Züge halt für einen Handlungsbogen nicht gerade großzügig sind, zumal die Handlungsmöglichkeiten ja auch etwas eingeschränkt sind im Tabletop. Narrative und gamistische Ebene laufen parallel nebeneinander her anstatt strukturiert ineinander zu greifen – dafür ist Warhammer halt nicht gemacht. Wenn Narrativ, dann lieber auf kleinem Niveau (z.B. Inquisitor, Mortheim, Necromunda) und/oder halt mit wesentlich mehr Zerhackstückelung der normalen Regeln, z.B. Aufhebung der üblichen Spielzugreihenfolge und der entsprechenden Beschränkung.
    Aber kurz und knapp. ein auf Wettbewerb ausgelegtes System ist für Narration nicht gut geeignet, Tabletop generell halte ich für Narration nicht so ideal vor allem nicht auf größerem Maßstab,
    Also lieber Rollenspiel wenn’s hochdramatisch sein soll gern auch als stark strukturierten one- oder few-shot mit vorgefertigten Charakteren.
    Trotzdem nochmal danke für den Einblick, das sieht sehr beeindruckend aus, aber mein Rat wäre, nicht sein Lebenszeit zu vergeuden mit Werkzeugen (oder Mitepielern), die nicht zusammenpassen.

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    1. Ariatros Artikelautor

      Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar!
      Grundsätzlich stimme ich dir zu und das war am Ende auch mein Resümee, dass das System selbst nicht für Geschichten, sondern für ein Turniererlebnis ausgelegt ist. Nun ist mir jedoch schon häufig gelungen, damit narrative Missionen zu gestalten, die im Grunde wie ein PnP abgelaufen sind. Denn der Vorteil des 40k Systemes ist es, dass den Kampf größerer Einheitenmengen relativ schnell abhandeln kann, ohne dass sich diese Einheiten austauschbar anfühlen. Ich hielt es also grundsätzlich für möglich, auch damit Geschichten zu erzählen. Nur bestehen diese eben aus mehr, als nur einer Exposition oder einem Würfelduell. Der Spannungsbogen einer Schlacht bei gleichstarken Gegnern ergibt sich aus den knappen Spielsituationen. Wenn etwas zutiefst Unwahrscheinliches, etwa das Überleben eines bestimmten Charakters oder der unmögliche Sieg einer Einheit über einen überlegenen Gegner, geschieht, dann erzeugen diese Situationen ihre eigenen Helden. Sie aber gefangen im Korsett gleichmachender Regeln. Ihre Taten werden nicht angemessen durch bessere Werte belohnt, damit sie sich auch besonders anfühlen.
      Ich kann in einer Schlacht also nur versuchen Bedingungen zu schaffen, damit sich solche Situationen ergeben oder aber ich habe eine so ausgeklügelte Mathematik, dass ich berechnen kann, wie sich eine Schlacht entwickelt und darauf entsprechende narrative Ereignisse anpasse. Für Letzteres fehlt mir aber ein umfassendes Verständnis der Regeln.
      Also ja: es bringt nichts, Turnierspieler und Fluffspieler zusammen an derselben Platte spielen zu lassen, ganz gleich, wie sehr die Turnierspieler beteuern, wie fluffig sie spielen wollen. Am Ende kommen sie nicht aus ihrer Haut. Das ist schade, weil es auch die Spielerschaft spaltet. Denn was sage ich jetzt den Turnierspielern? „Hört mal zu, das ist nichts Persönliches, aber das Spielerlebnis wird für alle verbessert, wenn wir die Spieler trennen.“ – schwierig, da fühlen sie sich definitiv über den Schlips gefahren. Aber gut, das ist dann nochmal ein ganz anderes Thema. Wichtig ist ja viel mehr, wie man so etwas beim nächsten Mal besser vorbereitet und da wurden hier schon die wichtigsten Punkte genannt, denke ich.

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