Rollenspiel in den Medien – eine Hass-Liebe?

Erst einmal hoffe ich, dass ihr alle gut ins neue Jahr gerutscht seid. Ich konnte meine Winterpause genießen und kann wieder mit neuen Elan zu Werke gehen. Vor ein paar Tagen hatte ich mit der großen DSA-Gruppe mal wieder gespielt. Da wurde die Frage laut, was denn nun mit den ganzen Nicht-Spieler-Charakteren (NSC) werden soll, weil da ursprünglich 8 Mann mitgespielt haben und nur die Hälfte vor Ort war. Ich schlug die „Mark-the-Red“-Lösung vor und blickte plötzlich in verwirrte Gesichter. In dem Kreis kannte fast niemand so eine mediale Rollenspielperle, wie „The Gamers“ (https://www.youtube.com/watch?v=oSynJyq2RRo). Das ist aber sehr schade, gibt es doch mittlerweile ein gewisses Spektrum an Filmen und Reportagen über das Rollenspiel, die sich jeder Hobbyist mal angeschaut haben sollte. Aus diesem Anlass will ich in diesen Beitrag mal über die Medien und das Hobby schreiben.

 

Warum sind Medien für das Rollenspiel wichtig?

Ganz grundlegend werden Menschen über Medien informiert. Desto präsenter etwas in den Medien auftritt, desto größere Reichweiten erzielt es auch. Das heißt, Medien können Dinge bekannt machen. Wenn es dann noch eine größere Auswahl an Produkten zu einem Thema gibt, wird auch das Bild des Themas differenzierter. Das kann bei einem medial unterpräsentierten Hobby, wie dem Rollenspiel, großen Einfluss haben. Ich kann mich noch an Inserate vor einigen Jahren erinnern, da war gerade eine Folge von Big Bang Theory ausgestrahlt wurden, in denen Rollenspiel betrieben wurde. Direkt darauf hatte ich mehrere Anfragen gefunden, dass Leute Rollenspiel im Fernsehen gesehen hätten und nun gerne selbst ausprobieren möchten. Ich war schon sehr überrascht, dass eine einzelne Folge einer bekannten Serie über Nerds solch ein Interesse für das Hobby wecken konnte Ein anderes Beispiel wären wohl die Rocket Beans, die ihre Rollenspielrunden als Unterhaltungsform anbieten und damit große Resonanz erzielen. Diese Beispiele zeigen mir, die Faszination für das Rollenspiel ist bei vielen Personen da, aber sie muss erst mobilisiert werden. Da nehmen, meiner Meinung nach, Medien eine wichtige Schlüsselstelle ein. Immerhin sind sie es, die in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für etwas schaffen. Gerade bei kreativen Hobbys, wie dem Rollenspiel, bei denen jeder mitmachen und Spaß haben kann, fehlt es oft an dieser Informierung, um Menschen an den Spieltisch zu bringen.
Das kann, wie bei vielen Dingen, aber auch zum Problem werden. Ich persönlich sehe es als große Herausforderung des Informationszeitalters, dass wir alle abhängig von externen Quellen sind. Ich will das an einem Produktionsbeispiel darstellen: Wir sind keine Tischlermeister mehr, die um alle Produktions- und Vertriebsprozesse Bescheid wissen, sondern lediglich Fließbandarbeiter, die genau einen, vorgeschriebenen Handgriff kennen. Was ich damit sagen will, wir haben keinen vollständigen Einblick mehr in die Gesamtheit von Prozessen, die in der globalisierten, technoiden Welt auch scheinbar unendlich komplex sind. Das führt allerdings notwendig dazu, dass wir mindestens einer Informationsquelle unser Vertrauen schenken müssen. Der Aufstieg von Populisten und die große Fake News Debatte zeigen, dass dieses Vertrauen nur zu schnell an die erstbeste Quelle oder die Quelle, mit der einfachsten und bequemsten Lösung, verloren gehen kann. Das ist auch im Rollenspiel nicht anders.
Warum betone ich das so stark? Das Bild in den Medien von etwas ist nur in den seltensten Fällen neutral. Wenn wir uns im Bereich der Unterhaltungs- oder Fanmedien befinden, dann wird sich darin immer eine Wertung befinden. Das heißt für alle, die den Themenkomplex Rollenspiel kennenlernen oder sich darüber informieren möchten, gibt es nur ein bereits geformtes Bild. Da jeder abhängig von Informationsquellen ist, werden die wenigen, die es für das Rollenspiel gibt, umso wichtiger. Denn sie erschaffen den Ersteindruck und die Berührung mit dem Thema für alle, die nicht persönlich an das Hobby herangeführt werden.
Mehr noch: das Medienbild transportiert auch eine Repräsentation des Themas. Ich als Rollenspieler will mich nicht als Freak mit kaputten Leben in den Medien repräsentiert sehen, sondern im besten Fall als das, was ich dort meiner Meinung nach bin: nämlich ein normaler Mensch mit einem kreativen Hobby. Eine einseitige Darstellung in den Medien kann daher, meiner Meinung nach, starken Einfluss auf die Sicht der Öffentlichkeit und auch auf das eigene Wohlgefühl als Rollenspieler besitzen. Wenn ich sehe, wie teilweise Rollenspieler in manchen Filmen dargestellt werden, dann macht mich das wütend. Ja, das regt zum Diskurs an, aber nicht aus ernsthafter Beschäftigung, sondern aus purer Provokation. Daraus ergibt sich recht klar, dass das Medienbild durchaus wichtig ist – was uns direkt zu der Frage führt, wie es denn gezeichnet wird.

 

Wie wird Rollenspiel in den Medien dargestellt?

Die Frage ist zweiteilig zu beantworten. Wenn ich auf die Meinung meiner Mitspieler und in den Foren höre, dann werden Rollenspieler als Spinner mit Realitätsflucht verunglimpft. Wenn ich mir die Produktionen selbst anschaue: na ja, ganz Unrecht haben diese Stimmen nicht, aber es gibt auch andere Beispiele. Die entstehen entweder, weil Rollenspieler für Rollenspieler Medien produzieren oder weil eine ernsthafte Annäherung tatsächlich von außen gewagt wurde. Die Verunglimpfung und die ernsthafte Annäherung sind dabei jedoch eher Randerscheinungen. Der größte Teil an Medien stammt, meiner Meinung nach, von Leuten, die das Hobby auch betreiben. Das ist im Grunde weder Verwunderlich, noch Verwerflich, aber es verdeutlich auch, wie wenig öffentliches Interesse (und damit auch Bekanntheit) für Rollenspiele vorherrscht, wenn es sich hauptsächlich von den Leuten speist, die das Hobby sowieso betreiben.
Das wirkt sich auch stark auf die eigentlichen Produktionen aus. Nehmen wir das Beispiel „The Gamers“. Entweder ich verstehe die Witze und absurden Situationen, die jeder von uns schon mal irgendwie im Rollenspiel erlebt hat, oder für mich ist das ein unverständlicher, langweiliger Quatsch. Wenn ich also für ein Publikum mit dem Thema Rollenspiel produziere, muss ich mir unweigerlich die Frage stellen, mache ich das Produkt für Hobbyisten oder für Interessierte, die das Hobby aber noch nicht kennen. Die einen wissen, wie Rollenspiel funktioniert und wollen es nicht erklärt bekommen, die anderen können mit den ganzen Insidern, die auf eigene Erfahrung beruhen, nichts anfangen. Demzufolge sehen auch die Werke aus, die ich bisher konsumiert hatte. Bei einigen Filmen und Büchern denkt man, dass der Produzent nie in seinem Leben Rollenspiel betrieben hat und nur eine Außenperspektive einnehmen konnte oder es geschieht das genaue Gegenteil. Der Film ist zu tief in der Materie, als dass er auch für Nicht-Hobbyisten interessant sein könnte.
Es gibt, aus meiner Erfahrung, da nur ein Produkt, was diesen Spagat schafft und für beide Zielgruppen funktioniert und das sind die Reportagen wie Wochenendkrieger (https://www.youtube.com/watch?v=OxVICc8tWMY). Hier wird klar gezeigt, wie Rollenspiel aussieht, dass da normale Menschen, mit normalen Berufen dahinterstehen und wie faszinierend das Hobby sein kann. Da wird nicht groß übertrieben oder gewertet, sondern der Film bleibt immer auf dem Boden der Tatsachen. Aber das ist, wie gesagt, das einzige Produkt, das ich kenne, bei dem das gut für alle funktioniert.
Ich würde also bei meiner anfänglichen Antwort bleiben, dass es quasi zwei Medienbilder vom Rollenspiel gibt. Das eine ist eine Art Außendarstellung, die wenig mit der Realität zu tun hat und oft eher über Gefahren warnt, als tatsächliches Rollenspiel zeigen will. Das zweite Bild stammt aus Rollenspielerproduktionen. Es zeigt demzufolge meist lustig, chaotisch und auch zu tendenziös positiv viele Inhalte des Hobbies, oft auch als kohärente Geschichte ohne viel Sozialkritik. Letztere sollte aber nicht unterschätzt werden. Wer mindestens zweimal auf LARP war, weiß, was da alles auch menschlich schieflaufen kann und am Ende umarmen sich alle und niemand traut sich dann im Forenfeedback ein böses Wort fallen zu lassen. Also ja natürlich besitzt Rollenspiel auch Kehrseiten und ich würde auch gerne mehr über sie berichtet sehen. Denn das fehlt in den Rollenspielerwerken. Aber ich will auf eine angemessene Weise darüber lesen und hören, bei der ich weiß, dass der Produzent auch Ahnung von der Materie hatte. Diese Kombination habe ich leider aber noch nicht gefunden.
Vielleicht kann ich auch so enden: unabhängig der Intention bin ich erst einmal über jeden neuen Film froh, der ein wenig Aufmerksamkeit auf das Hobby lenkt. Denn es existiert zu wenig öffentliche Beschäftigung mit dem Thema, obwohl es mehr als 100.000 Rollenspieler in Deutschland gibt. Ich schaue mir auch gern kritische Filme dazu an, solange ich merke, dass hier nicht einfach aus Unkenntnis Rollenspieler in eine Schublade geworfen und Ängste frei imaginiert werden. Denn Kritik führt zu Diskurs und der hilft am Ende allen. Ich habe nur die Befürchtung, dass durch die geringe Anzahl, der mir bekannten Produkte, diese umso stärker wirken und dadurch ein verzerrtes Bild vom Rollenspiel an die Öffentlichkeit gelangt. Aber das ist nur meine Meinung. Wie seht ihr das? Lasst es mich in den Kommentaren wissen.

 

Kleine Mediathek
Hier nochmal eine kurze Aufschlüsselung der medialen Produkte, die mir bekannt sind. Die meisten habe ich auch davon gesehen. Wenn ihr da noch ein paar Werke kennt, würde ich mich freuen, wenn ihr sie in die Kommentare posten könntet.

 

Astropia – Spielfilm, bei der ein Neuzugang in die Szene findet, lustig, verrückt und Augen zwinkernd überzogen mit gutem Unterhaltungswert

 

Die Herren der Spiele – Doku über 3 Larper und ihre Sicht zum Hobby und zum eigenen Leben

 

Labyrinth der Monster –Anti-Rollenspielfilm, der die, meiner Meinung nach eingebildeten, Gefahren des Realitätsverlusts bis hin zum Suizid drastisch darstellt

 

Saeculum – Rollenspielbuch, in der sich die Autorin von außen dem Thema nähert und ihre Vorstellung, wie Rollenspiel wohl abläuft, in einem Thriller zum Ausdruck bringt

 

Wild Hunt – Rollenspielkritischer Film, meine Meinung ist: der Film ist Müll, überzieht sehr stark das Bild vom Rollenspieler (die können einfach nicht in ihrer Rolle bleiben, werden ständig OT, nehmen ihre ganzen Probleme mit auf den Con und verlieren dann den kompletten Bezug zur Realität), aber die Diskussionen, die der Film auslöst, sind super. Auch wenn man sich da durchquälen muss, empfehle ich ihn anzuschauen, weil er auch viele Problempunkte beim Rollenspiel darstellt.

 

Wochenendkrieger – die sachlichste Reportage, die ich bisher über LARP gesehen habe. Sie ist auch nicht perfekt aber auf jeden Fall sehenswert

 

Zeitschriften:
http://www.zauberfeder-verlag.de/zf_ZW.html
http://www.zauberfeder-verlag.de/zf_LZ.html

 

2 Gedanken zu „Rollenspiel in den Medien – eine Hass-Liebe?

  1. Der Narr

    Mein Bild der medialen Darstellung von Rollenspiel ist leider in den frühen 90ern geprägt worden, als im Privatfernsehen etliche „Reportagen“ über das Thema liefen, in denen unter anderem ein bekannter Bielefelder Pädagogik-Professor die Gefahren ähnlich wie der Film „Labyrinth der Monster“ hemmungslos übertrieben darstellte. Da wurde dann die Götterwelt als Götzenanbetung erklärt, es wurden Rollenspielsysteme als ähnlich gefährlich wie Sekten dargestellt.

    Für einen „Bericht“ über LARP wurden dann zwei gecastete Vollidioten vor die Kamera gestellt, die dann suggestive Fragen über die Darstellung von Vergewaltigungen im Rollenspiel so beantworteten als ob es sich bei LARPern um eine kriminelle Streetgang handeln würde.

    Danach standen mein Rollenspiel-Kumpel und ich (damals 14 Jahre alt) in einem ziemlichen Rechtfertigungszwang gegenüber unseren Eltern und es war klar, dass wir unser Hobby fortan vom Taschengeld oder selbstverdienten Geld finanzieren mussten, da die Möglichkeit, Rollenspielprodukte zum Geburtstag oder zu Weihnachten bekommen, sich für uns erledigt hatte.

    Seither habe ich die Darstellung von Rollenspiel in den Mainstream-Medien so gut es ging ignoriert. Und als ich selbst in Bielefeld zu studieren bekam, hatte ich für die hoch gelobte Pädagogik nichts als Häme und Spott übrig.

    Empfehlen möchte ich (auch wenn es dabei um Rollenspiel am Rechner, also MMORPG geht) unbedingt die Serie „Dead Pixels“, eine sehr lustige, britische Comedy-Serie, ide mit ein bisschen Glück noch in der ZDF-Mediathek abrufbar ist (und mich wieder ein wenig mit den Mainstream-Medien versöhnen konnte).

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