Nach den eher betrübenden Aussichten und Meinungen zur Rollenspielentwicklung, wollte ich die graue Decke der Resignation mal wieder durchbrechen. Aus Protest gegen eine ökonomisierte Rollenspielkultur und weil Lachen die beste Medizin ist, ist dabei folgender Text entstanden. Viel Spaß! =)
Spieler, fordert mehr Erfahrungspunkte!
Wir stehen an einem Abgrund. Hinter uns spreizt sich die Schere zwischen arm und reich immer weiter, treibt uns auf den bodenlosen Schlund zu. Wenn uns genommen wurde, was wir im Schweiße unseres Angesichts erarbeitet haben, was wird uns bleiben? Wenn unsere größten Errungenschaften nichtig werden, was erreichen wir dann? Wenn wir nur noch leben, kämpfen und leiden, um fortzubestehen, was sind wir dann? Ihr hört die Antwort im schrecklichen Dröhnen des Abgrundes: Nichts.
Wir werden um unseren Besitz und um unsere Rechte beschnitten! Wir sind die Sklaven von Meistern, die in ihren imperialistischen Phantasien unser Schicksal bestimmen! Doch in ihrer allmächtigen Arroganz übersehen sie, das weder Götter noch Könige ihre Traumwelt zusammenhalten, sondern wir Spieler. Wer treibt die Handlung voran? Auf wem ist jede große und kreative Tat zurückzuführen? Wer wird dazu gezwungen, immer und immer wieder aufs Neue um Leben und Tod zu würfeln? Wir, Kameraden! Wir sind die Lokomotiven der Geschichte!
Schon zu lange haben wir gutmütig Snacks und Knabbereien als Tribut an die Meister geopfert. Ihr Dank waren erschöpfende und unlukrative Szenen, während sie geschlemmt haben. Wie oft haben sie bereits ungestraft in unseren Reihen gemordet und wir haben es, wie Gottesurteile, selbstverständlich hingenommen? Gleichheit gibt es für sie nur in der Geburt und im Tod. Jedes neue Leben wird in eine Klasse hineingeboren und durch sie ist ihr Pfad des Mühsals vorherbestimmt. Schon allein für die zukünftigen Generationen, können wir die gegenwärtigen Umstände nicht mehr verantworten! Doch sie werden sich nicht ohne die Kraft der Revolution verändern lassen.
Ihr denkt, ihr erhaltet Lohn für eure Mühen? Öffnet eure Augen! Die mickrigen Reste an Beute sind nur Opium fürs Spielervolk. Sie sollen verhindern, das Unrecht in Unmut umschlägt. Die Kapitalisten aber, hinter ihren Anti-Kameradschaflichen-Schutzwall, horten ihre fetten Profite. Eine Umverteilung ist für sie undenkbar. Der Kampf aller Charakterklassen gegen die vorherrschende Meistermanie ist unvermeidlich. Erkennt euren Wert, Kameraden, und fordert ihn ein! Seid Teil der alles verändernden Welle und schärft eure Würfel! Es wird Zeit die Ketten der Loot-Unterdrückung abzulegen und zu verlangen, was uns zusteht. Wir müssen mehr aus den Abenteuern herausholen! Deshalb lasst uns unsere Stimmen in einem Chor anschwellen! Er soll wie Donnerhall über die P&P-Systeme hereinbrechen: Spieler aller Welten, vereinigt euch!
Das fordert die PESA seit 10 Jahren:
https://hofrat.rsp-blogs.de/2007/07/14/die-pesa-andert-das-leben-der-anderen/
http://ghoultunnel.blogspot.de/2006/12/faq.html
Vielen Dank für die Links. Das war sehr erfrischend! Ich kann jedem Leser zusätzlich die Kommentare zu den Artikeln empfehlen. Die haben, zumindest mir, ein breites Schmunzeln auf die Lippen gezaubert 😀
Da Du Freude an den beiden Links hattest, hier ein weiterer, thematisch damit zusammenhängender Beitrag. Auch hier, eine überaus lebhafte Diskussion in den Kommentaren:
https://ghoultunnel.wordpress.com/2011/10/21/neue-erkenntnisse-uber-spielertypen/
Wobei Erfahrungspunkte nicht gleich Erfahrungspunkte sind; gerade in Kaufsystemen, wo jeder Punkt interessant ist (und nicht nur für Stufenanstiege gesammelt wird). bin ich durchaus ein Verfechter von „lieber mehr als weniger“ – je knausriger man mit den Punkten ist, desto mehr motiviert man die Spieler zum MinMaxing. Gibt man ihnen aber das Gefühl, dass die EP durchaus reichlich fließen, hat man als Spieler deutlich mehr Motivation, sich auch breiter und fluffiger aufzustellen.
Hallo Andreas,
in dem speziellen Falle ging es mir gerade darum dieses ökonomisierende Prinzip, welches Rollenspiel auf eine mathematische Gleichung herunterbricht, zu kritisieren. Ich habe leider viele Runden erlebt, in denen die Spieler mit zusammen gebießenen Zähnen durch das Abenteuer durchgeschliffen wurden und die EP-Vergabe am Ende das Wichtigste der gesamten Rollenspielsitzung war. Das ist meiner Meinung nach eine völlig flasche Verteilung der Prioritäten. Ich sitze doch da, um mit den anderen Spaß zu haben, in eine andere Rollen zu schlüpfen und gemeinsam Abenteuer zu erleben und nicht imaginierte Werte steigern zu können. Die Vergabe von einfach mehr EP, um zum Beispiel ein schlechtes Abenteuer zu kompensieren, halte ich für einen falschen Ansatz. Bitte nicht falsch verstehen. Es muss immer eine Motivation geben. Das können EP, Beute oder eine gute Geschichte sein. Nur die Monetarisierung (in Bezug auf die EP) des Spielspaßes beim Rollenspiel als den großen Lösungsansatz halte ich für verfehlt.
Aber um genauer auf deinen Punkt einzugehen: Ich habe fast immer, wenn ich die Runde nicht selbst zusammenstelle, das Problem, Powergamer oder MinMaxer drin zu haben. Sie erwarten und fordern eine ganz andere Form von Spielspaß als ich ich im Rollenspiel. Da ist es egal, wie viel EP sie bekommen, sie bauen sich so oder so ihre Olympia-Helden, nur der Zeitaufwand verändert sich für sie. Ein Meister, sofern er denn mit diesen Personen spielen will, muss da natürlich drauf eingehen, wenn er sie nicht anders erzieht. Bei zu vielen EP habe ich gemerkt, dass irgendwann die Spieler aussteigen. In dem Falle war das DSA. Die haben dann AP gesammelt, bis sie irgendwann mal eine Probe nur noch knapp geschafft haben und dann die entsprechende Fertigkeit um gleich mal 3-5 Stufen gesteigert. Ich habe festgestellt, wer zu schnell EP erhält, hat seinen Charakterbauplan rasch beendet und döst dann. Wenn dann jedoch eben jene EP die Hauptmotivation für entsprechendes Klientel sind, müsste man davon ausgehen, dass es bei hohen EP-Beträgen schneller die Lust in der Runde verliert. Aber das sind nur Vermutungen. Ich versuche Runden mit solchen Motivatoren und Spielern zu vermeiden.