Was wurde im Vorfeld nicht alles befürchtet und gehämt. Kämpfe würden nur noch mit desinfizierten Riesenwattestäbchen ausgetragen werden. Ambientespiel wäre nur aus einer Distanz möglich, mit der man auch „Herr Fischer, wie tief ist das Wasser?“ spielen könnte. Fast die Hälfte meiner Gruppe machte direkt eine kategorische Absage, trotz des Jammerns über den langen Larpentzug. Denn kein Spiel zu haben, ist wenige schlimm, als ein Spiel mit Maske durchzuführen. Ich war dieses Wochenende zum ersten Mal seit Anfang des Jahres wieder auf einer Taverne und habe einen der ersten Versuche miterlebt, Larp und Corona zu vereinen. Hier will ich euch nun über meine Eindrücke berichten.
Die Grundsituation
Besucht habe ich die sogenannten Katakomben in Köln. Das war wohl eine der größten und erfolgreichsten Tavernen Deutschlands. Die Gastzahlen hatten vor Corona leicht den dreistelligen Bereich erreicht. Speisen und Trank waren erwerbbar und an jeden freien Fleckchen Boden hat sich eine Spielergruppe gefunden. Das war nun gänzlich anders. Zu allererst galt die obligatorische Maskenpflicht, die für viele ein Ausschlussargument ist. Im Spiel selbst hat sie sich gar nicht spürbar ausgewirkt. Das lag an zwei Dingen:
Zuerst musste jeder eine Maske tragen. Dadurch war sie nichts Besonderes mehr. Bereits kurz nach dem Beginn der Taverne habe ich auch gar nicht mehr wahrgenommen, dass ich oder meine Gesprächspartner eine trugen.
Das zweite Gegenargument betrifft die Einbindung in das Charakterkonzept und das Setting. Zu einigen Gewandungen hat ein Dreieckstuch oder eine Pestmaske gut gepasst. Es gab zahlreiche, individuelle Masken, die auf die eigene Rolle zugeschnitten waren. Selbst, wenn das nicht der Fall war, hat es niemanden gestört. Es gab auch Spieler, die die herkömmlichen hellblauen Masken trugen. Auf der anderen Seite war der Hintergrund der Taverne so angepasst wurden, dass die Masken im Spiel auch logisch Sinn gemacht haben. Corona wurde als IT Krankheit in das Spiel implementiert, aber ohne dabei ein Krankheitsplot zu sein. Das heißt, die Masken konnten bespielt werden, ebenso wie alle weiteren Sicherheitsmaßnahmen, aber die gewohnte Suche nach einem Heilmittel blieb fern.
Essen und Getränke standen nicht zum Kauf bereit, durften sich jedoch von Zuhause mitgebracht werden. Alles was mit Tischen und Tafeln zu tun hatte, wurde nach draußen in die Nachtluft verlegt. Falls man sich dennoch in der Taverne hinsetzen wollte, musste jeweils ein Stuhl leer bleiben. Grundsätzlich galt eine Abstandsregelung auch für Spieler im Freien, die wurde von der SL jedoch kaum umgesetzt. Durch die Teilnehmerbeschränkung waren zwar deutlich weniger Spieler vor Ort, diese haben sich aber natürlich genauso in ihren Gruppen wiedergefunden. Damit kommen wir auch zu einer Crux des Corona-Konzeptes:
Die, die die Karten ergattert haben, waren vor allem alte Stammspieler, die sich in ihren Stammgruppen wiedergefunden haben. Für einen Neuling auf der Taverne, wie mich, war es daher schwierig, in diese Gruppen reinzukommen. Das mag kein spezifisches Corona-Problem sein, jedoch wurde es durch die begrenzte Teilnehmerzahl und die zahlreichen Stammspieler verstärkt. Ein weiterer Punkt, der für Teilnehmer problematisch sein könnte, waren die Preise. Die Kosten für das Gelände sind gleichgeblieben aber die Teilnehmerzahl muss drastisch verringert werden, damit ist ein Preisanstieg für Spieler unausweichlich. Dieser hat sich von 10 auf 20 Euro erhöht. Damit es unter den Spielern über den verdoppelten Preis kein Rumoren gibt, sah sich die SL gezwungen einen Plot anzubieten, um den gestiegenen Preis zu rechtfertigen.
Das Spiel
Neben dem bekannten Tavernenspiel gab es nun also auch einen Plot. Über diese Idee kann man auf einer Taverne zwiegespalten sein. Immerhin treffen sich hier die Spieler maßgeblich, um einen gemütlichen Abend mit bekannten und neuen Gesichtern zu verbringen. Zudem bedarf es Kräfte der SL, um den Plot zu leiten, die sich ansonsten um die Taverne kümmern würden. Das Spielangebot wurde dadurch auch nur etwa von der Hälfte der Spieler wahrgenommen. Wie häufig bei einen Plot, organisierte sich eine alteingesessene Gruppe aus Stammspielern, saugte alle wichtigen Informationen zum Plot auf, ohne etwas davon zu teilen und fragte dann ganz willkürlich und ohne Erklärung Spieler, ob sie bei den Plotaufgaben helfen könnten. Die waren nämlich gar nicht so einfach. Es galt bei Dunkelheit verschiedene Objekte in einen bewachsenen und mit von Kindern erbauten Holz- sowie Kletterplattformen bebauten Gelände zu finden. Eingeleitet wurde der Plot durch das Leuchten einer Höhle und hier fing der Corona-Spuk an. Die Höhle bzw. den Dungeon durften nur maximal zwei Spieler gleichzeitig betreten. Die wenigen SL-Kräfte wirkten schon mit der kleinen Anzahl von Leuten überfordert, da sich Spieler immer wieder nicht an die Begrenzung gehalten haben oder gar nichts von ihr wussten. Das führte dazu, dass sich einerseits eine große Warteschlange vor dem Dungeon bildete, die besonders ungeduldige Spieler dazu verleitete, einfach in den Dungeon reinzuplatzen. Andererseits führte das zu vollkommen unübersichtlichen Spielszenen innerhalb des Dungeons.
Ich zum Beispiel hatte das Pech, dass die SL gerade erklärte, dass in dem Dungeon eine dunkle Präsenz lauert und versucht, mich gegen meine Gruppe auszuspielen, als plötzlich zwei Chaos-Krieger uns zur Seite schubsten und in den nächsten Raum reinrannten. Darauf rannte die SL hinterher, wir wurden mitten im Spiel unterbrochen und allein gelassen, während die Chaoten kurze Zeit später wieder zurückkamen und uns angriffen. Für mich zeigte das, dass zu wenig SL Kräfte, die für eine normale Taverne ausgereicht hätten, aber eben nicht für einen Plot, vorhanden waren. Spieler sind es nicht gewohnt, sich in Warteschlangen für ihren Spaß anzustellen. Solche Hau-Ruck-Aktionen sind durch das Corona-Konzept vorprogrammiert, wenn es nicht genügend Spiel oder Anleitung gibt, um das zu kompensieren. Natürlich war es Pech, dass ich mit meinen zwei Mann ohne Rüstung und kaum bewaffnet gleich zwei dicken Chaos-Kriegern gegenüberstand, die dann auch noch das Herz eines Gefährten herausgerissen haben. Aber das ist tatsächlich auch keine Situation, die ich auf einer Taverne erwarte. Selbst schon, dass Krieger verletzt aus dem Dungeon kamen und nach Heiler gerufen haben, sorgte für Stress, den sich viele Tavernenbesucher nicht aussetzen wollten. Zumal sich auf Tavernen alle Arten von Völkern treffen, die nicht notwendig in Lagern gegen einander kämpfen. Als der Chaos-Skaven-Krieger Heilung von mir gefordert hat, bin ich eilig weitergegangen. Ich hätte sicherlich heilen können, aber mein Charakter hilft keinen Chaoskreaturen. Auf Cons gibt es Lager, Grenzen, Gruppen. Auf der Taverne ist das alles verschwommen. Da hieß es eher, die Spieler gegen den Plot, ganz gleich der Hintergründe. Da saßen dann eben auch Sigmariten neben Chaoten am Lagerfeuer. Wie gesagt, ich bin zwiegespalten, ob es auf Tavernen einen Plot geben sollte.
In dem Falle hat er aber zumindest geholfen, Spieler zusammen zu bringen. Auch wenn die Aufgaben und die Inszenierung eher zum Standard gehörten und der Plot allein für Magier zugeschnitten war (es ging darum Ritualgegenstände zu sammeln, ohne Magier wäre der Plot nicht lösbar gewesen), kam man mit den Gruppen ins Gespräch. Es waren zwar leider eher selektive Gespräche, die vor allem dem Plot im Fokus hatten, aber immerhin waren es Gespräche.
Das Entscheidende ist allerdings, dass nicht nur Tavernen, sondern auch Plot trotz der Einschränkungen möglich sind. Die Masken sind kein Argument, um eine Veranstaltung zu vermeiden, dazu wirken sie sich im Spiel einfach kaum spürbar aus. Die Abstandsregeln werden nur für enge Räume, wie die Dungeons wichtig. Hier muss besonders die SL auf die Einhaltung der Abstände achten und übereifrige Spieler zurückpfeifen. Allgemein bedurfte es mehr Anleitung von der SL unter den Auflagen. Es war häufig unklar, wie viele Personen nun was wo tun durften. Auch das Spiel in geschlossenen Räumen war eingeschränkt. Aber wird davon abgesehen, ist auch unter Corona gewohntes Larp möglich.