Entwicklertagebuch, Teil 8 – Schnellstarter

Diesen Monat kommt mein Beitrag etwas früher, weil der Schnellstarter früher als geplant fertig geworden ist und ich ihn für die Verteilung hochladen muss. Ich will hiermit aber auch die Entwicklertagebuchreihe fortsetzen, weil sich endlich bei mir neue Erkenntnisse ergeben haben. Zuvor war es so gewesen, dass ich eine Beta-Version meines Grundregelwerkes fertig hatte und sie nur noch ausgiebig testen wollten. Dazu brauchte ich möglichst viel und breites Feedback. Leider fängt genau da die Misere an. Ich werde also eine Geschichte über Feedback, Lektoren und am Ende über den Schnellstarter erzählen.

Wie sinnvolles Feedback erhalten?

Ich dachte zuerst, dass es nicht zu schwer wäre, Eindrücke, Kritik und Erlebnisse zu sammeln. Immerhin meldet sich doch jeden zweiten Tag einer in den PnP Facebookgruppen und erzählt, was er für eine Rollenspielleseratte sei und ob es weiteres Futter für ihn gäbe. Ein Großteil der Kommentatoren stimmt dann mit ihm überein, dass es ihnen genauso erginge. Klingt wie ein gemachtes Bett, oder? Weit gefehlt.
Ich bot mein Grundregelwerk auf Facebookgruppen, in Internetforen und für spezielle Bekenner zur Sci-Fi an, doch das Feedback sah eigentlich immer wie folgt aus: Die ersten 3 Seiten wurden gelesen, meistens (aber nicht immer) auch noch das Inhaltsverzeichnis und die Goldmedaile im Marathonlesen erhielten dann die, die noch die ersten 2 Einleitungsseiten hinter sich bringen konnten. Die Masse hörte aber schon vorher auf. Dann sammelten sich die Kommentare wie: „Krass, so viele Seiten.“, „Es holt mich nicht ab.“, „Es macht alles keinen Sinn.“ Und so weiter.
Wenn ich nachgefragt habe, was denn keinen Sinn macht oder noch die Frechheit besaß zu fragen, auf welche Textstellen sich das bezieht, dann kam entweder keine Antwort oder so eine allgemeine, bestimmte Geschmäcker in Stil und Bild nicht getroffen zu haben, die einem kein Stück bei der Verbesserung des Buches weiterhalfen. Spezifischer wurde es auch nicht mehr, weil die Leute schlicht und ergreifend einfach nicht lesen. Dafür interpretieren die sehr viel hinein. Die haben dann teilweise sehr spezielle Fragen, warum, wenn es doch Wurmlöcher bei mir gebe, noch niemand durch die Zeit gereist sei und alles erobert habe. Bis ich meine, dass es bei mir keine Wurmlöcher gibt und es auch an keiner Stelle erwähnt wird, dass sowas existiert.  Darauf gibt es dann wieder keine Antwort. Generell werden mir dann als Autor Fragen gestellt, von denen erwartet wird, dass ich sie auch persönlich beantworte. Wenn ich dann mein Grundregelwerk nutze und die Seitenzahl sowie den Absatz nenne, wo das detailliert beschrieben wird, dann steigen alle aus. Dann wird sich beschwert, wie ich die Arbeit des Beantwortens doch nur auf den Leser verlagern könnte – ist ja nicht so, als würde es beim Feedback genau darum gehen.
Kurzum, ich habe sehr schlechte Erfahrungen mit unprofessionellem Feedback gemacht. Es hat mir am Ende kein Stück weitergeholfen und war nur frustrierend. Ich beschrieb in der Facebook-Gruppe für Rollenspielentwickler mein Problem und plötzlich meldeten sich professionelle Lektoren bei mir. Für 30 Euro pro Stunde war einer von ihnen bereit, sich mein Regelwerk anzuschauen. Ich ließ mich auf das Abenteuer ein unter der Bedingung, dass ich pro Monat nur ein Budget von 100 Euro besitze. Es sollte sich herausstellen, dass dies eine richtige Entscheidung war.

Wie genau hilft ein Lektor?

Der Lektor war selbst Rollenspielentwickler und verstand daher, was ein erfolgreiches Rollenspielbuch ausmachte. Er schaute sich die Kernbereiche an: dargestellte Stimmung/ Geschichte im Buch, Charaktererschaffung, Regelwerk. Systematisch las er sich Satz für Satz durch diese Bereiche und kommentierte Alles, im Guten wie im Schlechten. Nicht nur, dass mir dadurch Regelschwächen offenbart wurden, er identifizierte auch für welche Zielgruppe sich das Buch eignete und wie es für diese Zielgruppe weiter ausgebaut bzw. was gekürzt werden sollte.
Am Ende hatte er so viel Spaß bei der Regelanalyse und den Fluffgeschichten, dass er mir sogar nichts in Rechnung gestellt hat. Das war ein nobler Zug und er gab mir ein wenig Hoffnung in die Solidarität unter PnPlern zurück. Zum Abschluss erzählte er mir noch, wie er das Marketing handhabte. Seiner Meinung nach ist ein Schnellstarter unverzichtbar. Ein Dokument hochzuladen und dafür zu werben, schien ihn aussichtslos. Die Leute lesen keine langen Texte mehr. Sie wünschen unmittelbar das Rollenspiel zu erleben. Ein langer Text hält sie nur davon ab. Dieses Erlebnis ist die Werbung für das Rollenspiel. Das können tolle Bilder sein, die einen in die Welt hineinziehen und durch die der Betrachter mehr vom Buch wissen will oder eben ein kleines Abenteuer, das die wichtigsten Besonderheiten darstellt.  
Der Lektor versuchte es mit Letzterem. Er bot aller 2 Wochen eine Online-Runde an und warb aktiv auf verschiedenen Seiten, wie Facebook, dafür. Zusätzlich ging er 1 Jahr lang auf jede mögliche PnP-Convention quer durch Deutschland und überzeugte mit seinem Spiel physisch. Nach all dieser Mühe hatte er nur ein wenig Aufmerksamkeit geschaffen. Wenn ich mich richtig erinnere, sprach er von 20 Leuten, die sich danach für sein Spiel interessiert hätten. Das steht für mich ehrlich gesagt in keinem Verhältnis. Die Hoffnung ist dabei immer, dass sich unter diesen 20 Personen Multiplikatoren befinden, die das ihren Freunden weiterempfehlen und die das wiederum weitererzählen. Allerdings hat mich meine Erfahrung gelehrt, dass Rollenspieler sehr schlecht unter einander vernetzt sind. Ich weiß deswegen nicht, ob sich diese Heransgehensweise wirklich lohnt. Allerdings wäre dann erneut die Frage zu stellen, wie man dann überhaupt Aufmerksamkeit erzeugen sollte und da zeigt sich, auch wenn es bitter klingt, dass dies die bisher effektivste Werbung war.
Zusammengefasst war es also sehr inspirierend mal mit jemanden zu sprechen, der Ahnung von der Materie hatte, gute Ratschläge geben und zu einem gewissen Grad am Buchprojekt mitwirken konnte. Professionelles Feedback ist daher meiner Meinung nach Gold wert. Nicht nur, weil man tatsächlich Fehler erkennt und die Qualität des Buches steigern, sondern eben auch, weil man von den Erfahrungen anderer lernen kann.

Wie einen Schnellstarter erschaffen?

Ich habe eine Woche benötigt, um aus 730 Seiten 25 zu machen. Viel von der Arbeit war Copy and Paste. Ich habe kurz erklärt, wozu es dieses Heft gibt, was die Kernregeln sind (Fertigkeiten und Kampf), was die Besonderheit meines Regelsystems ist und dann kam schon das kleine Abenteuer und die Charakterauswahl. Das Abenteuer und die Charaktere musste ich erschaffen (was 4 der insgesamt 6 Tage in Anspruch genommen hat), der Rest war Kürzen und Kopieren.
Es war beim Erschaffungsprozess wichtig, mir selbst Grenzen zu setzen. Regeln zu den Fertigkeiten und zum Kampf sollten auf eine Seite sowie ein Charakter auch nicht mehr als eine Seite bekommen durfte. Die Empfehlung war 6 Charaktere anzubieten, damit man ein wenig Auswahl hat. Ich habe mich jetzt für 5 entschieden, weil ich mit 25 Seiten eh schon 5 Seiten über den üblichen 20 war. Diese Charaktere sind zentral für das Erleben des Schnellstarters. Sie müssen möglichst unterschiedlich, interessant und für das Abenteuer nützlich sein. Ebenso, so empfahl es mir der Lektor, sollten Charakterbilder oder Bilder für die Welt verwendet werden, um einen einzigartigen Eindruck beim Leser zu hinterlassen.
Jetzt ist es unmöglich 730 Seiten auf 25 runter zu kürzen, ohne bestimmte Aspekte gar nicht erst zu zeigen. Deswegen habe ich häufig geschrieben, dass besagte Aspekte fehlen und teilweise Ausrüstung mit Fähigkeiten eingeführt, die ignoriert werden müssen, um zu zeigen, dass es da noch viel mehr gibt. Ich weiß nicht, ob das klug war oder eher verwirrt, aber meiner Meinung nach ist ein Schnellstarter eine Visitenkarte. Er muss in möglichst kompakter Form die wichtigsten Eckpunkte vermitteln. Lieber erzeuge ich Fragezeichen, als das mein Werk in der Durchschnittlichkeit untergeht.
Ich bin natürlich kein Experte für Schnellstarter, da ich selbst auch keine lese. Ich habe mir aber als Vorlage ein paar von etablierten Systemen, wie DSA, vorher angeschaut. Deswegen:
Falls ihr noch Ideen oder Anregungen habt, schreibt sie mir einfach in die Kommentare. Ich bin auch gespannt, ob ihr selbst Schnellstarter nutzt oder sogar schreibt.

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