Diesen Monat kommt mein Beitrag etwas früher, weil der Schnellstarter früher als geplant fertig geworden ist und ich ihn für die Verteilung hochladen muss. Ich will hiermit aber auch die Entwicklertagebuchreihe fortsetzen, weil sich endlich bei mir neue Erkenntnisse ergeben haben. Zuvor war es so gewesen, dass ich eine Beta-Version meines Grundregelwerkes fertig hatte und sie nur noch ausgiebig testen wollten. Dazu brauchte ich möglichst viel und breites Feedback. Leider fängt genau da die Misere an. Ich werde also eine Geschichte über Feedback, Lektoren und am Ende über den Schnellstarter erzählen.
Wie sinnvolles Feedback erhalten?
Ich dachte zuerst, dass es nicht zu schwer wäre, Eindrücke,
Kritik und Erlebnisse zu sammeln. Immerhin meldet sich doch jeden zweiten Tag
einer in den PnP Facebookgruppen und erzählt, was er für eine
Rollenspielleseratte sei und ob es weiteres Futter für ihn gäbe. Ein Großteil
der Kommentatoren stimmt dann mit ihm überein, dass es ihnen genauso erginge.
Klingt wie ein gemachtes Bett, oder? Weit gefehlt.
Ich bot mein Grundregelwerk auf Facebookgruppen, in Internetforen und für
spezielle Bekenner zur Sci-Fi an, doch das Feedback sah eigentlich immer wie
folgt aus: Die ersten 3 Seiten wurden gelesen, meistens (aber nicht immer) auch
noch das Inhaltsverzeichnis und die Goldmedaile im Marathonlesen erhielten dann
die, die noch die ersten 2 Einleitungsseiten hinter sich bringen konnten. Die
Masse hörte aber schon vorher auf. Dann sammelten sich die Kommentare wie:
„Krass, so viele Seiten.“, „Es holt mich nicht ab.“, „Es macht alles keinen
Sinn.“ Und so weiter.
Wenn ich nachgefragt habe, was denn keinen Sinn macht oder noch die Frechheit
besaß zu fragen, auf welche Textstellen sich das bezieht, dann kam entweder
keine Antwort oder so eine allgemeine, bestimmte Geschmäcker in Stil und Bild
nicht getroffen zu haben, die einem kein Stück bei der Verbesserung des Buches
weiterhalfen. Spezifischer wurde es auch nicht mehr, weil die Leute schlicht
und ergreifend einfach nicht lesen. Dafür interpretieren die sehr viel hinein.
Die haben dann teilweise sehr spezielle Fragen, warum, wenn es doch Wurmlöcher
bei mir gebe, noch niemand durch die Zeit gereist sei und alles erobert habe.
Bis ich meine, dass es bei mir keine Wurmlöcher gibt und es auch an keiner
Stelle erwähnt wird, dass sowas existiert.
Darauf gibt es dann wieder keine Antwort. Generell werden mir dann als
Autor Fragen gestellt, von denen erwartet wird, dass ich sie auch persönlich beantworte.
Wenn ich dann mein Grundregelwerk nutze und die Seitenzahl sowie den Absatz
nenne, wo das detailliert beschrieben wird, dann steigen alle aus. Dann wird
sich beschwert, wie ich die Arbeit des Beantwortens doch nur auf den Leser
verlagern könnte – ist ja nicht so, als würde es beim Feedback genau darum
gehen.
Kurzum, ich habe sehr schlechte Erfahrungen mit unprofessionellem Feedback
gemacht. Es hat mir am Ende kein Stück weitergeholfen und war nur frustrierend.
Ich beschrieb in der Facebook-Gruppe für Rollenspielentwickler mein Problem und
plötzlich meldeten sich professionelle Lektoren bei mir. Für 30 Euro pro Stunde
war einer von ihnen bereit, sich mein Regelwerk anzuschauen. Ich ließ mich auf
das Abenteuer ein unter der Bedingung, dass ich pro Monat nur ein Budget von
100 Euro besitze. Es sollte sich herausstellen, dass dies eine richtige
Entscheidung war.
Wie genau hilft ein Lektor?
Der Lektor war selbst Rollenspielentwickler und verstand
daher, was ein erfolgreiches Rollenspielbuch ausmachte. Er schaute sich die
Kernbereiche an: dargestellte Stimmung/ Geschichte im Buch,
Charaktererschaffung, Regelwerk. Systematisch las er sich Satz für Satz durch
diese Bereiche und kommentierte Alles, im Guten wie im Schlechten. Nicht nur,
dass mir dadurch Regelschwächen offenbart wurden, er identifizierte auch für
welche Zielgruppe sich das Buch eignete und wie es für diese Zielgruppe weiter
ausgebaut bzw. was gekürzt werden sollte.
Am Ende hatte er so viel Spaß bei der Regelanalyse und den Fluffgeschichten,
dass er mir sogar nichts in Rechnung gestellt hat. Das war ein nobler Zug und er
gab mir ein wenig Hoffnung in die Solidarität unter PnPlern zurück. Zum
Abschluss erzählte er mir noch, wie er das Marketing handhabte. Seiner Meinung
nach ist ein Schnellstarter unverzichtbar. Ein Dokument hochzuladen und dafür
zu werben, schien ihn aussichtslos. Die Leute lesen keine langen Texte mehr.
Sie wünschen unmittelbar das Rollenspiel zu erleben. Ein langer Text hält sie
nur davon ab. Dieses Erlebnis ist die Werbung für das Rollenspiel. Das können
tolle Bilder sein, die einen in die Welt hineinziehen und durch die der
Betrachter mehr vom Buch wissen will oder eben ein kleines Abenteuer, das die
wichtigsten Besonderheiten darstellt.
Der Lektor versuchte es mit Letzterem. Er bot aller 2 Wochen eine Online-Runde
an und warb aktiv auf verschiedenen Seiten, wie Facebook, dafür. Zusätzlich
ging er 1 Jahr lang auf jede mögliche PnP-Convention quer durch Deutschland und
überzeugte mit seinem Spiel physisch. Nach all dieser Mühe hatte er nur ein
wenig Aufmerksamkeit geschaffen. Wenn ich mich richtig erinnere, sprach er von
20 Leuten, die sich danach für sein Spiel interessiert hätten. Das steht für
mich ehrlich gesagt in keinem Verhältnis. Die Hoffnung ist dabei immer, dass
sich unter diesen 20 Personen Multiplikatoren befinden, die das ihren Freunden
weiterempfehlen und die das wiederum weitererzählen. Allerdings hat mich meine
Erfahrung gelehrt, dass Rollenspieler sehr schlecht unter einander vernetzt
sind. Ich weiß deswegen nicht, ob sich diese Heransgehensweise wirklich lohnt.
Allerdings wäre dann erneut die Frage zu stellen, wie man dann überhaupt
Aufmerksamkeit erzeugen sollte und da zeigt sich, auch wenn es bitter klingt,
dass dies die bisher effektivste Werbung war.
Zusammengefasst war es also sehr inspirierend mal mit jemanden zu sprechen, der
Ahnung von der Materie hatte, gute Ratschläge geben und zu einem gewissen Grad
am Buchprojekt mitwirken konnte. Professionelles Feedback ist daher meiner
Meinung nach Gold wert. Nicht nur, weil man tatsächlich Fehler erkennt und die
Qualität des Buches steigern, sondern eben auch, weil man von den Erfahrungen
anderer lernen kann.
Wie einen Schnellstarter erschaffen?
Ich habe eine Woche benötigt, um aus 730 Seiten 25 zu
machen. Viel von der Arbeit war Copy and Paste. Ich habe kurz erklärt, wozu es
dieses Heft gibt, was die Kernregeln sind (Fertigkeiten und Kampf), was die
Besonderheit meines Regelsystems ist und dann kam schon das kleine Abenteuer
und die Charakterauswahl. Das Abenteuer und die Charaktere musste ich
erschaffen (was 4 der insgesamt 6 Tage in Anspruch genommen hat), der Rest war
Kürzen und Kopieren.
Es war beim Erschaffungsprozess wichtig, mir selbst Grenzen zu setzen. Regeln
zu den Fertigkeiten und zum Kampf sollten auf eine Seite sowie ein Charakter
auch nicht mehr als eine Seite bekommen durfte. Die Empfehlung war 6 Charaktere
anzubieten, damit man ein wenig Auswahl hat. Ich habe mich jetzt für 5 entschieden,
weil ich mit 25 Seiten eh schon 5 Seiten über den üblichen 20 war. Diese
Charaktere sind zentral für das Erleben des Schnellstarters. Sie müssen
möglichst unterschiedlich, interessant und für das Abenteuer nützlich sein.
Ebenso, so empfahl es mir der Lektor, sollten Charakterbilder oder Bilder für
die Welt verwendet werden, um einen einzigartigen Eindruck beim Leser zu
hinterlassen.
Jetzt ist es unmöglich 730 Seiten auf 25 runter zu kürzen, ohne bestimmte
Aspekte gar nicht erst zu zeigen. Deswegen habe ich häufig geschrieben, dass
besagte Aspekte fehlen und teilweise Ausrüstung mit Fähigkeiten eingeführt, die
ignoriert werden müssen, um zu zeigen, dass es da noch viel mehr gibt. Ich weiß
nicht, ob das klug war oder eher verwirrt, aber meiner Meinung nach ist ein
Schnellstarter eine Visitenkarte. Er muss in möglichst kompakter Form die
wichtigsten Eckpunkte vermitteln. Lieber erzeuge ich Fragezeichen, als das mein
Werk in der Durchschnittlichkeit untergeht.
Ich bin natürlich kein Experte für Schnellstarter, da ich selbst auch keine
lese. Ich habe mir aber als Vorlage ein paar von etablierten Systemen, wie DSA,
vorher angeschaut. Deswegen:
Falls ihr noch Ideen oder Anregungen habt, schreibt sie mir einfach in die
Kommentare. Ich bin auch gespannt, ob ihr selbst Schnellstarter nutzt oder
sogar schreibt.