Der Trend geht immer stärker hin zu kooperativen Brettspielen. Wie es scheint, wollen die meisten Leute lieber zusammen als gegeneinander spielen. Ich habe diesbezüglich selbst zahlreiche Kampagnenspiele mit Freunden durchgespielt und würde für Interessierte hier einmal meine bisherigen Erfahrungen damit teilen. Dazu habe ich drei Spiele ausgewählt, die ich in Geschichte, Gameplay oder Erfahrung bemerkenswert fand.
Die Prüfbereiche
Damit ein kooperatives Kampagnenbrettspiel als solches gut funktioniert, muss es, meiner Meinung nach, in 3 Kernbereichen brillieren. Das ist der Gameplayloop, also die sich wiederholende Kernaktivität in meinem Spiel, das Progressionssystem, also was von meinem Errungenschaft wie im Spiel gespeichert wird und wie sich die interne Balance entwickelt, sowie Setting/ Geschichte, also in welcher Welt bewege ich mich und wie wird die Geschichte erzählt. Ich werde die folgende Auflistung also in diesen drei Kategorien vergleichen. Gestaltung ist für mich eher ein untergeordneter Punkt, ich weiß aber, dass er für viele relevant ist, deswegen werde ich ihm im Fazit noch mit aufnehmen. Auf Wunsch kann ich gerne näher etwas zu den einzelnen Spielen sagen.
Aeon Tresspass Odyssey

Setting/ Geschichte: Wir wachen ohne Erinnerungen auf einem mächtigen Schiff auf und erfahren, dass die Götter der griechischen Welt tot sind. Das Ende, das Eschaton, ist gekommen und wir blicken auf eine unbekannte, postapokalyptische Welt des antiken Griechenlands. Das Schiff nennen wir, weil wir keinen anderen Namen in unserer Sprache dafür haben, die Argo. Wir nutzen das Stadtschiff fortan als Hauptquartier, um uns mit Titanen zu verbinden und so epische Schlachten gegen die gewaltigen Primordialen zu schlagen, die die Welt verwüsten.
Das Setting ist eine der großen Stärken von ATO. Die Geschichten sind philosophisch, nutzen die Choose your own adventure-Mechanik (auf dem Board wird man zu Paragraphen in einem Buch geleitet, wo man zwischen A und B wählen kann und zu neuen Paragraphen kommt, die das Board beeinflussen) und sehr thematisch. Jedes Kapitel besitzt zahlreiche Wendungen und die Welt macht stetig Lust darauf, mehr von ihr erfahren zu wollen. Viele Dinge lauern in einer ausgelöschten Geschichte und als Spieler baut man sich Stück für Stück die schrecklichen Hintergründe seiner Feinde zusammen. Das geschieht wie bei einem Soulslike im Kopf, anhand von Gesprächen mit NSCs, durch Umgebungsbeschreibungen oder Fußnoten bei Ausrüstungsgegenständen. Die Welt ist wie die Argo selbst ein stetiges Rätsel, was zu lösen sehr spannend ist.
Gameplayloop: Das Gameplay teilt sich in 3 Teile: die Kämpfe, die Weltkarte und die Geschichten. Zu Beginn eines Tages fährt die Argo auf ein Feld, dort werden Erkundungskarten gezogen, dann werden die Symbole des Feldes ausgewertet, wodurch es zu einem Abenteuer kommen kann und danach kann ein Kampf oder Technologieentwicklung stattfinden. Dazu gibt es noch diverse Geschichtseffekte.
Der Kampf ist letztlich das, womit ATO steht und fällt. Die Kämpfe sind sehr schwer und gnadenlos. Ein einziger Angriff eines Primordialen kann einen Titanen aus dem Spiel nehmen. Alle 4 Spieler (es muss mit 4 Spielern oder 1 Spieler der 4 Titanen kontrolliert, gespielt werden) müssen ihre Angriffe kombinieren, die anderen mit Effekten unterstützen, um ihre Chancen zu verbessern, den Primordialen überhaupt Schaden zu machen.
Das Kampfsystem ist sehr komplex, besitzt zahlreiche Effekte sowie Regeln und ist immer ein Rennen gegen die Zeit. Es kann, wie bei einem Soulslike, sehr frustrierend sein, da Niederlagen sich schwer auf die lange Kampagne auswirken können. Aber der Siegesmoment, dieses eine, schier unverwundbare Körperteil dann doch zu verwunden, ist entsprechend auch großartig. Zumal ATO einen mit Ausrüstungen und verschiedenen Titanen, mit Argo-Fähigkeiten, helfenden Nymphen und göttlicher Hilfe erschlägt. Es gibt verschiedenste Builds, Taktiken und Möglichkeiten. Das Spiel beginnt komplex und wird immer komplexer.
Da hilft es, dass die Exploration der Spielwelt flach bleibt und sich nur zaghaft entwickelt. Bis auf die Veränderung bestimmter Felder oder einiger Bewegungsregeln geschieht hier nicht viel. Das kann manchen zu wenig sein, aber das Spiel nutzt die Erkundung eher als Plattform für die großartigen Kämpfe und Abenteuer. Letzteren funktionieren nach dem Choose-your-own-adventure (CYOA) Prinzip und sind fantastisch geschrieben. Wenn die Paragraphen nicht völlig wirr geordnet wären, würde ich die Bücher sogar als spannenden Roman empfehlen. Das ist das Beste, was ich bisher an literarischer Qualität in einem Brettspiel lesen durfte. Jede Entscheidung fühlt sich schwierig an und kann Tragweite entwickeln, weil auch die riesige Choice-Matrix sich alle möglichen Entscheidungen merkt.
Progressionssystem: Das Interessante an ATO ist, dass man niemals stark genug sein kann, denn die Gegner sind immer stärker. Gerade Kapitelbosse wirken vollkommen unbesiegbar und selbst mit der massiven Hilfe aus den Geschichten werden die Kämpfe bei optimalen Build knapp. Kurz gesagt, die Balance fühlt sich sehr gut an, wenn man Soulslike-artige Kämpfe mag. Die Titanen und eigene Ausrüstung wird immer stärker und das muss sie auch. Selbst die größte Rüstung bringt nichts, wenn der nächste Feind plötzlich Gift einsetzt, was Rüstung ignoriert. Ständig muss das Loadout angepasst und die Builds verfeinert werden. Man freut sich über jede neue Ausrüstung und kann damit im Theater experimentieren.
Die Argonauten selbst erleben ihre eigenen, persönlichen Geschichten, die sich ebenfalls in immer stärkeren Fähigkeiten oder sogar Spezialereignissen und einzigartiger Ausrüstung abzeichnen. Alles fühlt sich relevant an und wirkt sich teilweise bis auf das Ende und über das Ende von ganzen Kapiteln aus. Dann kommt noch der Aspekt der Erkundung der Argo und damit verbunden der Aufbau des Schiffs dazu. Das Progressionssystem ist folglich sehr motivierend. Der einzige Hinkefuß ist die schiere Masse an Technologien, Ausrüstungen, Zuständen usw. mit der man begraben wird.
Fazit: Wundervolles Desing, spannendes Setting, unheimlich frustrierende aber auch belohnende Kämpfe, großartige Geschichten und vieles mehr erwarten einem bei ATO. Man muss wissen, dass man mit Regeln und Karten erschlagen wird. Außerdem benötigt man eine gute Frustrationstoleranz. Aber ATO ist mit Abstand das beste kooperative Kampagnenspiel, welches ich bisher gespielt habe.
Etherfields

Setting/ Geschichte: Irgendetwas Schlimmes ist mit der Welt geschehen. Doch davon wissen wir nichts mehr oder wer wir sind oder auf welcher kritischen Mission wir unterwegs waren. Wir finden uns in einer surrealen Traumwelt wieder, die aus Erinnerungsfetzen, Ängsten und Wünschen zusammengehalten wird. Von klassischen Alpträumen (zu spät kommen, das Lauernde in der Dunkelheit usw.) bis hin zu schönen Träumen erbaut sich eine Welt aus unseren Entscheidungen, die jedes Mal nach anderen Regeln funktioniert.
Gameplayloop: Im Grunde ist Aetherfield kartengesteuert, indem die Spieler für alle Interaktionen (auch Kämpfe) Farben sammeln müssen. Sie können die Karten stattdessen auch für ihre Effekte nutzen. Etherfields nutzt dazu die Choose your own adventure-Mechanik. Das hat einen massiven Einfluss auf das Spielerlebnis und ist sehr motivierend, wenn man neugierig ist.
Die Regeln jedes Traums oder Alptraums sind auch immer andere. Das Spiel ist sehr kreativ, was das betrifft. Das ist aber auch ein Problem. Wer auf Farben sammeln keine Lust hat, der wird mit keinem Traum, ganz egal welche Mechaniken er darauf aufbaut, Spaß haben. Denn der Gameplayloop ist flach, monoton und zu leicht (wir haben es zu 4. gespielt).
Das gilt leider auch für die zu bereisende Traumwelt, die sich in ewigen, zufällig generierten Kämpfen und negativen Ereignissen verliert, bevor man endlich den nächsten, spannenden Traum betreten darf.
Progressionssystem: Es gibt 3 Arten der Progression im Spiel. Die erste ist das Kartendeck des Charakters, welches sich immer weiter verbessert. Die zweite ist der Charakter selbst, der immer mehr lernt, wer er ist und sich so weiterentwickelt. Die letzte Art ist die Traumwelt, die immer komplexer wird. Das betrifft nicht nur die Orte, die sich bereisen lassen, sondern auch das Schlachtfeld für zufallsgenerierte Kämpfe. Beides wird im Verlauf immer größer. Letzteres ist Besonders spannend, da die Konsequenzen der eigenen Entscheidungen dort abgespeichert werden und uns neue Gegner oder Ereignisse aus den Träumen hierher verfolgen können. Die Progression ist also sehr spannend. Aber der Weg dahin ist durch die Traumwelt unnötig lang. Balanciert ist das Ganze recht gut, weil die neuen Karten immer nur kleine oder andere Vorteile geben und die Spieler so nie übermächtig werden. Allerdings kann der Aufwand an bestimmte Karten zu kommen und dann, wenn sie zum Kauf verfügbar sind, zu merken, dass sie nur einen kleinen oder einmaligen Effekt haben, frustrierend sein.
Fazit: Etherfields ist wohl das ungewöhnlichste Spiel auf der Liste. Die Gestaltung ist dunkel, obskur, abwechslungsreich und kreativ, wie es die Träume auch sind. Der Gameplayloop versagt für mich aber bei dem Spiel. Er schafft es nicht ausreichend zu motivieren. Retten muss es die eigene Neugier auf die Geschichte und das Progressionssystem. Wer kein spannendes Gameplay braucht, sondern eine fragmentierte, sich nach und nach zusammenbauende Geschichte erleben will, der kann es sich anschauen. Die Themen und Träume sind interessant gestaltet, aber der spielerische Aspekt ist leider weniger ausgeprägt.
Stars of Akarios

Setting/ Geschichte: Ein alter Feind taucht auf und zerstört den eigenen Heimatplaneten. Wir sind mit unserem Mutterschiff dann auf dem Weg, diesen Feind zu besiegen und treffen in den Systemen dazu unterschiedliche Verbündete. Die Geschichte ist leider recht vorhersehbar und mit Ausnahme eines großen Ereignisses auch langatmig erzählt. Die verschiedenen Alienvölker sind stereotypisch und eher Vehikel. Manchmal kann die Rahmenhandlung spannende Geschichten erzählen, meistens sind die Geschichten aber geradlinig und langweilig. Theoretisch kann jede Mission scheitern, aber es geht dann einfach genauso weiter, als wenn die Mission gewonnen wurde, nur dass die Belohnung kleiner ist. Die Geschichte ist also eher ein Gegenargument, sich Stars of Akarios zu kaufen.
Gameplayloop: Hier startet das Spiel dann seine Triebwerke. Jeder Spieler würfelt zu Beginn Aktionswürfel, die entweder Bewegung, Schießen oder das Jokersymbol zeigen, dass aber auch Stress erzeugt. Diese Würfel werden dann für Drehungen, Beschleunigungen und den Waffeneinsatz in genau definierten Bereichen eingesetzt. Planetare Erkunden funktionieren ebenso. Die Kämpfe sind taktisch, spannend und durch den Würfelwurf muss ein Spieler stets schauen, was er aus seinen Optionen macht. Beim Schaden werden kann Karten gezogen, auf denen kritische Treffer und aber auch Fehlschläge aufgedruckt sein könnten. Das heißt, dort fiebert man auch mit.
Die Erkundung des Alls und der Planeten findet auf Karten statt, was sehr die Neugier anregt. Man will und kann ständig alles erkunden, worin eine weitere, große Stärke von Akarios liegt. Das kostet natürlich alles Treibstoff und das Geld dazu muss man sich erstmal in Missionen verdienen.
Diese sind meistens langweilig und eintönig. In 8 von 10 Missionen gilt es, alle Feinde zu vernichten. Dabei sind sie nicht zufallsgeneriert, sondern alle handgeschrieben. Am Ende verkommen sie jedoch bloß zu einem Vehikel für die spaßigen Dogfights der eigenen Schiffe. Dabei zeigt das Spiel gerade im letzten Drittel der Kampagne, wie es abwechslungsreiche und spannende Missionen bauen kann. Doch das passiert alles viel zu spät und auch nur kurzzeitig, um wirklich zu überzeugen.
Progressionssystem: Das ist der zweite Part, in dem Stars of Akarios die Muskeln spielen lässt. Das eigene Raumschiff zu verbessern, auszurüsten und neue Pilotenfähigkeiten zu bekommen ist unheimlich motivierend. Ich selbst habe am liebsten ein hilfloses Forschungsschiff gespielt, dass dann aber mit Gravitationswaffen Gegner weg von Spielern oder zu einem Punkt zusammengezogen hat, damit die ihr Raketensperrfeuer darauf legen konnten. Oder ich habe Warptunnel gebaut und so die eigene Mobilität gefördert. Die Möglichkeiten sind Vielfältig. Jeder Schiff fühlt sich anders und spaßig an. Es gibt dutzende Optionen an Waffen und Hilfsystemen, Ko-Piloten und anderen Technologien. Die Balance wird dabei völlig ignoriert. Irgendwann zerschießt der eigene kleine Jäger Schlachtschiffe mit einer Salve. Das gibt einem aber wiederum ein Gottgefühl, was das Basteln am Loadout noch befriedigender macht.
Fazit: Stars of Akarios kann ich nur Leuten empfehlen, die auf das Gamplay großen Wert legen. Die Geschichte ist eher ein Vehikel. Die Missionen wurden uns mit der Zeit egal, weil sie nur noch dazu dienten unsere neuen Loadouts zu testen. Aber das war wiederrum so motivierend, dass es ausreichte, dass wir die Kampagne durchgezogen haben. Zum Ende hin wird das Missionsdesign deutlich besser, aber die Gegner leider nicht. Es ist nur noch albern, wenn man gegen die Gegner in der ersten Mission ganz am Ende nochmal kämpft, nur dann eben gegen 25 statt gegen 3. Das Spiel ist insgesamt leicht und wird immer leichter, je mehr man sich sein Loadout zusammenstellt. Das kann großen Spaß machen, gerade, wenn man einfach mal Lust hat Schiffe in Flammen aufgehen zu sehen. Es kann aber auf längere Sicht auch langweilen. Als Kampagnenspiel für Zwischendurch ist Stars of Akarios aber gut geeignet. Zum reinen Hinstellen der Modelle taugt es aber eher nichts. Die Gestaltung bleibt durchwachsen. Es ist eher comicartig und das Design, gerade von der Hauptfraktion, wenig bedrohlich und irgendwie unförmig bis quallenartig. Die eigenen Flieger sehen aber gut aus.
Weitere Spiele
Hier noch eine Liste von kooperativen Kampagnenbrettspielen, die ich durchgespielt habe. Wer sich für einen Erfahrungsbericht interessiert, bitte einfach in die Kommentare schreiben, dann erzähle ich gerne etwas dazu:
Cthulhu – Death May Die
Descent
Gloomhaven – Pranken des Löwen
Homeworld
Maus und Mystik
Oathsworn
Pandemie – Legacy
Scythe – Aufstieg des Fenris (nicht kooperativ)
Stars of Akarios
Tainted Grail
Ich würde gerne hören, was du über Tainted Grail denkst. Meine Frau und ich haben die 4 Kampagnen alle durch und sind ziemlich begeistert.
Danke für deinen Kommentar!
Sehr gerne: Ich selbst habe nur die Hauptkampagne durchgespielt. Gespielt habe ich zu 4.
Tainted Grail hat bei uns in der Spielergruppe leider ein gemischtes Echo erzeugt. Einerseits ist die Geschichtserzählung erstklassig. Es gibt so viele Geheimnisse und spannende Orten in dieser neuen Interpretation von Avalon, dass gerade das Entdecken großen Spaß macht.
Deswegen konnten wir leider nicht verstehen, warum einen das Spiel mit den Memniren einen da ständig einen Stock zwischen die Beine geworfen hat. Das hat bei uns zu ständigen Ressourcengrind geführt, nur damit die Wyrdness ein paar Runden länger aufgehalten wird und wir die restlichen, immer schönen Geschichten der Orte erkunden konnten.
Der zweite Kritikpunkt war das Kartensystem. Gerade gegen Ende des Spiels, aber eigentlich auch schon ab dem Zeitpunkt, ab dem du verfolgt wirst, kommen da einfach Spielbeender ins Gegnerdeck. Wir mussten immer zu zweit losziehen, damit wir einen Spieler für Kämpfe und einen für Diplomatie hatten. Aber selbst das kann dich schnell töten, wenn du keine gute Starthand ziehst.
Wir haben dann auch das Kapitel neu starten müssen und haben gemerkt, wie sehr uns das frustriert. Im Grunde war es dann stets ein Würfelwurf, ob wir von der nächsten Gegnerkarte getötet wurden oder weiter die großen Stärken des Spiels auskosten konnten. Wir mussten dann leider hausregeln und sagen, dass wir einmal neu ziehen dürfen, um überhaupt im Spiel voranzukommen.
Deswegen war das Urteil meiner Spielergruppe da zweigeteilt. Einerseits sehr spannendes Setting, tolle Geschichten und süchtigmachende Exploration, aber dann auf der anderen Seite ständiger Grind, starke Einschränkung des Erkundungsradius und viel zu schwere Kämpfe.
Aber wenn die anderen Kampagnen besser gestaltet bin, lasse ich mich gerne dazu überreden, sie auszuprobieren ^^
Sehr intetessant!
Ich wüsste gern deine Meinung zu Sword & Sorcery, aber das hast du laut Liste noch nicht durch…
Vielen Dank für deinen Kommentar!
Genau, das hatte ich im Rahmen eines Verleihs nur einmal anspielen können und das ist auch leider etwas her. Wir sind nur zwei Siedlungen weit gekommen. Ich weiß noch, dass ich erstaunt war, wie geradlinig das Spiel ist, aber in einem positiven Sinn. Es hatte sich sehr kompakt und auf das Wichtigste reduziert angefühlt. Am Ende war das aber der Punkt, auch wenn meine Gruppe damit Spaß hatte, an dem wir das Spiel wieder zurückgeschickt hatten. Wir hatten ähnliche Erfahrungen schon mit anderen Dungeoncrawlern gemacht und es gab für uns kein Herausstellungskriterium, um zu sagen: dafür lohnt es sich Zeit zu investieren.
Aber wie gesagt, wir haben nicht viel gespielt und das, was wir gespielt haben, hat einen guten Eindruck vermittelt. Es war für uns leider nur mehr vom Bekanntem.
Ich habe bislang auch nur das erste Szenario spielen können; gut fand ich auf jeden Fall das Storytelling.
Aber der Trend geht nicht nur zu kooperativen, sondern auch zu sehr teuren Brettspielen… hier ist die Kampagne neben dem Hauptspiel (das nur die ersten paar Charakterstufen umfasst) auf nicht weniger als drei Erweiterungen verteilt, so dass man, um das ganze Progressionssystem zu sehen, an die 300 Euro hinblättern muss… was mich ehrlich gesagt etwas abtörnt und ich überlege, das Grundspiel beinahe unbespielt weiterzuveräußern.
Das finde ich irgendwann nicht mehr verhältnismäßig. Descent 2e z.B. hat ja auch einige Erweiterungen, die aber zum einen wesentlich günstiger sind und zum anderen nochmal Aufwertung durch die Road to Legend-App erfahren, mit der man das Material „zweitverwerten“ kann.
A propos: Hast du mit der Descent 2-App (und entsprechendem Koop-Spiel) Erfahrung? Hier spiele ich mit meiner Frau gerade die dritte Kampagne, und das hat durchaus was – relativ simpel zu handhaben, mechanisch meist gut geregelt, und durch die Überraschungen in den Szenarien nochmal ein ganz anderes Spielgefühl als die analogen Kampagnen. Sehr empfehlenswert.
Oh ja…
Die Spiele werden gefühlt immer teurer. Was ich schon alles an Geld, vor allem in Erweiterungen – von denen einige mit dem Wort DLC abgestraft gehören – versenkt habe, ist erschreckend.
Tatsächlich würde ich zustimmen und sagen 300+ Euro ist bei den großen Kampagnenspielen ein normaler Preis. Frech wird es dann, wenn ich für das ganze Geld das Gefühl habe, dass extra Inhalte herausgestrichen wurden, nur um sie in Erweiterungen nochmal zu verkaufen.
Genau, die Verhältnismäßigkeit ist eine wichtige Frage. Also was bekomme ich für die 300+ Euro an Unterhaltung? Oftmals ist es so, dass es Stanlee-Versionen (also nur Pappaufsteller ohne Miniaturen) es schon für die Hälfte des Preises gibt. Aber ich muss sagen, mein Gamer-Hirn verwehrt sich dem immer. Ich hatte den Effekt bei Tsukuyumi beobachtet. Für eine Erweiterung gab es nur eben jene Pappaufsteller. Keiner der Spieler hat eine der neuen Fraktionen genommen, obwohl die von ihrer Spielweise sehr spannend waren. Einfach aus dem Grund, weil jede andere Fraktion davor Miniaturen für ihre Einheiten hatte. Ich kaufe dann irgendwie für 40 Euro 10 Miniaturen in Monopose, wo wir bei dem kriminellen Preisniveau von Games Workshop sind. Das Paradoxe ist, ich werde mir auch in Zukunft die All-In-Pledge-Versionen holen, weil, auch wenn die Vernunft sagt, dass es vollkommen unverhältnismäßig ist, mein Gamerherz diese Gimicks verlangt.
Spielgefühl… das wäre vielleicht nochmal ein ganz eigener Bewertungspunkt.
Descent hatte ich nur die allerste Version gespielt. Da gab es noch keine App und auch keine zig Erweiterungen. Wobei ich sagen muss, dass man mit Descent deutlich mehr Spaß hat, wenn man es zur Visualisierung im PnP benutzt. Das Balancing ist so gut wie nicht vorhanden. Die grundlegende Schadensmathematik funktionierte damals nur bei echtem Feintuning. Das war auf den Startleveln noch gegeben, doch mit dem ersten Silberschatz brannte plötzlich der Dungeon. Entweder war der Overlord oder ein Schatz, den ein Charakter gefunden hatte, viel zu mächtig. Es gab nie eine Waage, sondern immer nur, ab diesen Zeitpunkt wird das Spiel trivialisiert.
Damals gab es noch keine anderen Spiele wie Descent, deswegen hat man das durchgestanden. Aber ich glaube heute würde ich das Spiel in dieser ersten, analogen Version nicht mehr anfassen. Also von daher auch spannend zu lesen, wie sehr es sich entwickelt hat.
Echt spannender Artikel! Hatte gehofft du würdest bei Gloomhaven mehr ins Detail gehen. Ginge das?
Danke für deinen Kommentar!
Das kann ich gerne machen, allerdings habe ich nicht das original Gloomhaven, sondern die Kompatkversion Gloomhaven – Pranken des Löwen gespielt. Die hatte auch nur 70 Euro gekostet und war im Grunde eine abgespeckte Version des Hauptspiels mit eigenständiger Geschichte. Das Großartige an der Kompaktversion ist, dass sich alles in einem Buch abspielt. Du machst die Packung auf, schlägst das aktuelle Kapitel auf und auf den Seiten ist dann schon die taktische und schön gestaltete Hex-Karte abgedruckt. Du musst nicht groß aufbauen, weil auch alle Gegnerpositionen da drauf sind. Das heißt, du legst gleich los. Es hat zudem Tutorialmissionen, die die immer komplexer werdenden Kampfregeln von Gloomhaven gut erklären. Im Durchschnitt braucht man zwischen 15-45 Minuten für eine Mission. Damit es auch gut als Lückenfüller geeignet.
Es lässt sich auf zwei Arten spielen: mit dem Eurogame-Style, bei dem der Zug lang mit allen Möglichkeiten durchdacht wird oder auch damit, dass man aus dem Bauch heraus spielt und sich freut, wenn alles um einen explodiert. Es bietet sich also für eine größere Zielgruppe an. Da jeder getötete Feind Beute hinterlässt, peppt die Jagd danach die Spielzüge noch einmal ordentlich auf. Teilweise entstand in meiner Runde eine regelrechte Staubsauger-Mentalität auf.
Die Vorteile sind also: schnell aufgebaut, schnell gespielt, trotzdem taktische Tiefe und leuchtende Augen bei der Beute (bzw. bei speziellen Kampfbedingungen, die erfüllt werden müssen, um permanente Vorteile freizuschalten).
Der Nachteil im Vergleich zu Gloomhaven ist, dass es in allen Punken nicht so episch ist. Es hat weder die Charakterauswahl, noch die persönlichen Quests, Langzeitziele usw. Die Geschichte fand ich auch eher generisch bis zweckmäßig. Das heißt, hier sind es vor allem das Gameplay und die Komformtabilität die große Stärke des Spiels. Es ist ein sehr guter Einblick in Gloomhaven, ohne die 300 Euro für das Original zahlen zu müssen.
WIr hatten zum Beispiel entschieden, dass uns die Pranken des Löwen als Gloomhaven-Erfahrung reichen. Am Ende des Tages ist Gloomhaven ein Kartengesteuerter Dungencrawler. Das wird, mit ausgebauten Deck, eine tolle Schnetzelerfahrung, wobei gerade die Bosse auch mehr Taktik erfordern. Aber von Dungeoncrawlern hatten wir auch schon genug gespielt. Wobei ich jetzt auch gehört habe, dass der Nachfolger Frosthaven echte Rätsel und Rollenspielideen verbaut haben soll. Also vielleicht werde ich eines Tages da rein nochmal investieren.