Kochen als Rollenspielsystem – ein Spielerschmaus?

Nach der Tabletopkampagne kümmere ich mich wieder mehr um PnP. Derzeit will ich in meine Sandbox ein Kochsystem implementieren. Ich kenne leider nur noch keines. Deswegen will ich hier dazu meine Gedankengänge niederschreiben.

Ziel des Systems

Wenn ich überlege, was mir am meisten am Kochen Spaß macht, dann sehe ich die glücklichen Gesichter meiner Gäste vor mir. Geschmack lässt sich aber nur sehr abstrakt im Rollenspiel abbilden und ob nun etwas lecker oder sehr lecker ist, wird kaum einen sinnvollen Effekt auf die Spielsitzung haben. Die Spieler am Tisch macht man wahrscheinlich am ehesten glücklich, wenn sie Effekte durch das Essen erhalten. Es bietet sich vom Thema her an, dass dies temporäre Wertsteigerungen in physischen Attributen und Werten oder kleinere Besonderheiten, wie eine Resistenz gegen Kälte oder Krankheiten, sind.

Spielspaß des Systems

Ich sehe beim Kochen das Jäger-und-Sammler-Prinzip nutzbar. Es bietet Spiel und Relevanz, wenn der Koch nach bestimmten Zutaten suchen muss. Bestimmte Gebiete (in meinem Fall Systeme) haben demzufolge nur bestimmte Zutaten und vielleicht noch eine Spezialität.

Der andere Gedanke wäre das Experimentieren mit Zutaten. Ein Rezept sagt etwa nur: ich brauche 1 Milchprodukt, 1 Gewürz, 1 Fleisch. Das Befülle ich dann mit konkreten Zutaten und dann kann auf einer Tabelle ausgelesen werden, welche genauen Effekte eintreten. Die Kehrseite ist, dass das sehr viel Aufwand ist und eine riesige Tabelle produziert, weil das unzählige Kombinationsmöglichkeiten ergibt. Ich denke daher, dass die einzelnen Zutaten Effekte haben sollten, die sie dem Rezept hinzufügen. Diese könnten zusätzlich noch Qualitätsstufen besitzen und so stärkere Effekte auslösen. Das macht die Suche nach besseren Zutaten spannend und es verlockt, die eigene Nahrungsmittelproduktion zu verbessern. Damit würde auch der Prozess bis zur Zutat der eigenen Gestaltung unterliegen und optimiert werden können.

Am Ende gibt es noch die Rezepte selbst. Diese können gelernt und damit gesammelt werden. Sie sollten Erfordernisse an Ausrüstung haben und je mehr Grundboni sie geben, desto mehr sollten sie den Kochen-Wurf erschweren. Es wäre noch eine Überlegung, ob die Rezepte bestimmten Küchen untergeordnet werden. Bestimmte Küchen haben auf bestimmte Ethnien (oder Völker) dann stärkere oder schwäche oder gänzlich andere Effekte.

Beispiel

Ich werde das mal kurz theoretisch zur Selbstprüfung durchgehen: A erwirbt ein Rezept für Nudellasagne. Die braucht mindestens einen Ofen. Das Rezept verlangt 1 bestimmten, regionalen Käse, 1 Gemüse, 1 Fleisch, 2 Nudelpackungen. A sucht die Zutaten bei Händlern für eine gewöhnliche Qualität oder bei Bauern für eine höhere Qualität oder A erntet sie selbst. Das Rezept gehört zur mediterranen Küche, die einen höheren Komfort-Wert (in meiner Sandbox gibt es für Luxus einen Wert, der vor allem die Zahllaune von Gästen beeinflusst, dies kann sich aber ohne einen entsprechenden Wert auch in einer erhöhten Wirkdauer der Effekte niederschlagen) bei Hostati (Ethnie aus Griechen, Römern, Spaniern). Das Rezept erhöht das Attribut Kraft. Der spezielle Käse die Konstitution, das Gemüse die Ausdauer und das Fleisch gibt temporäre Lebenspunkte. Die Beilagen machen nichts außer, bei besonderer Qualität den Komfort zu erhöhen. Die Qualitätsstufen sind 1-3 und erhöhen entsprechend ihre Effekte. Gemüse der Qualität 3 erhöht dann Ausdauer um +3.  Die Qualität des Rezeptes wird durch die niedrigste Qualität aller Zutaten bestimmt. Sind alle mindestens Qualität 2, wird auch die Kraft um +2 erhöht.

Dann erfolgt der Koch-Wurf. Dieser wird um die Rezeptschwierigkeit erschwert. Mein Systemarbeitet mit Erfolgen. Die Erfolge, die am Ende der Probe übrigbleiben, bestimmen die Effektdauer des Gerichtes in Stunden. Es ist zudem möglich, je 3 Erfolgen abzuziehen, um die Qualitätsstufe einer Zutat um +1 zu verbessern. Die Probe wird maßgeblich durch die Küchenausstattung beeinflusst, die dem Wurf Boni geben, die Schwierigkeit senken oder zusätzliche Erfolge generieren. Effekte verschiedener Speisen summieren sich nicht, weil der Charakter nach einer Speise erstmal satt ist.

Vorteile dieses ersten Entwurfs sind, dass er recht viel Interaktion mit Orten und Ausrüstungen erzeugt. Allerdings müsste ich, wenn ich das ganze Potential der Zutaten ausnützen möchte, die groben Kategorien wie Fleisch oder Gemüse mit speziellen Fleisch und Gemüse füllen. Also Fleisch macht nicht allgemein und immer +1 auf die Lebenspunkte, sondern es gibt Rinderfleisch, dass gibt dann noch kurzzeitig den Vorteil Widerstandsfähig (interagiert mit erlittenen Wunden) oder Hühnchenfleisch, was statt die Lebenspunkte das Ausweichen verbessert und so weiter. Spezielle Zutaten verbessern dann keine sekundären Werte, sondern direkt Attribute oder geben kurzfristig starke Vorteile. Dann ist der Anreiz nach den besseren Zutaten gegeben.

Als Nachteil sehe ich die fehlende eigene Note, die beim Kochen definitiv gegeben ist. Bis auf die Effektdauer und die Qualitätsverbesserung interagiert der Kochen-Wert des Charakters noch nicht mit der Speise. Es wäre also denkbar, anstatt den einzelnen Zutaten Effekte zuzuordnen, eine Effekttabelle zu bauen, in denen die einzelnen Effekte Kochpunkte kosten. Die Ausweichenerhöhung sagt dann: ich benötige Hühnchen- oder auch Kängurufleisch und koste 2 Kochpunkte (was dann wieder durch die Qualität verbessert wird). Kochpunkte werden durch die Erfolge der Probe erzeugt. Der Spieler kann so selbst entscheiden, wie er sein Essen gestaltet. Vielleicht biete ich auch beides an. Nach Rezept kochen ist viel einfacher, das heißt der Effekt ist wahrscheinlich länger und das Essen gelingt sicherer, dafür ist es aber statisch. Eigenkreationen nutzen dann die risk-reward-Mechanik, sie sind frei zusammenstellbar, aber deutlich schwieriger zu erschaffen.

Das waren erstmal meine Ideen zu einem PnP-Kochsystem. Aber ich habe damit auch noch gar keine Erfahrung. Von daher bin ich gespannt, was ihr zu dieser Thematik denkt und ob ihr schonmal einem Kochsystem begegnet seid.

3 Gedanken zu „Kochen als Rollenspielsystem – ein Spielerschmaus?

  1. Andreas (RPGnosis)

    Das wäre mir tatsächlich viel zu hartwurstig… dann lieber etwas mehr Aufwand in ein Handwerkssystem für wirklich klassisch nützliche Sachen erstellen (Ausrüstung, Elixiere, Artefakte etc.), das ist bereits komplex genug und sicher schon nicht für jede Gruppen was. Wenn ich mir jetzt vorstelle, ich müsste neben allem anderen auch noch drei Dutzend verschiedene Zutaten verwalten… da wäre mir glaube ich meine Abenteuerspielzeit zu schade.
    Für sehr, sehr ausführliche Gedanken zu einem tiefgängien Crafting-System empfehle ich (wie nicht selten) den Blog des Angry GM: https://theangrygm.com/tag/crafting/

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  2. Ariatros Beitragsautor

    Vielen Dank für deinen Kommentar und den Link.
    Ich kann deinen Punkt gut verstehen. Wenn man sich anschaut, in welche Richtung PnP-Rollenspiel schon seit einigen Jahren gehen, dann werden die Regeln immer schlanker und schneller anwendbar. Die meisten Spieler wollen nicht groß verwalten, sondern loslegen. Am besten mit einem Wurf eine bedeutsame Handlung erledigen und dann gehts im Spiel weiter. Das ist gerade auch für Anfänger super.
    Da meine Nischen-Zielgruppe hardcore Sci-Fi-Fans mit Simulationswünschen sind, denke ich da immer in die Gegenrichtung.

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  3. Andreas (RPGnosis)

    … und ich finde es sehr gut und freue mich drüber, dass auch diese nischigen Spielpräferenzen nach wie vor existieren und hin und wieder in der „Öffentlichkeit“ erscheinen.
    Das ist insbesondere da wichtig, wo sich das „Mainstream-RP“ zunehmend von spielerischen und inhaltlichen Fortschritten und Optimierungen verabschiedet und immer mehr zum reinen Konsumprodukt wird.
    Drum lese ich deinen Blog gerne, auch wenn ich persönlich nicht mit allem was anfangen kann, was aber natürlich eher mir als dir geschuldet ist.

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